Immer noch das Leiwandste?
Der Teuerung und Energiekrise zum Trotz zieht es die Österreicher in den Semesterferien auf die Pisten. Warum der Skisport noch immer boomt, und wo die Gäste trotzdem sparen.
Als vor 50 Jahren die weltweite Ölkrise auch in Österreich ihren Höhepunkt erreichte, führte die damalige Regierung Kreisky nicht nur einen autofreien Tag, sondern auch die sogenannten Energieferien ein. Am 10. Februar 1974 fanden sie erstmals landesweit statt. Heuer gibt es sie also zum 50. Mal. Was als Akt des Energiesparens begann, ist längst für den heimischen Tourismus essenziell. Der Februar ist der umsatzstärkste Monat in den Skigebieten. Und heuer ist auch der veraltete Begriff Energieferien wieder mehr als passend.
Die angespannte Situation auf den Energiemärkten ist vergleichbar mit jener von damals. Die Inflation lag im Jänner über elf Prozent. Die Regierung schnürt ein Hilfspaket nach dem anderen. Die „Krise“hindert aber viele nicht daran, in den Winterurlaub zu fahren. Die meisten Skigebiete sind gut ausgelastet, die Buchungslage für den restlichen Winter verspricht eine Saison, die nahe an bisherige Rekordwinter heranreichen könnte. Wie passt das zusammen?
Wer kann sich das noch leisten?
Seit jeher war es die gehobene Mittelklasse, die sich einen Skiurlaub für die ganze Familie leisten konnte. „Kernklientel für die Skigebiete sind jene, die die aktuelle Teuerung finanziell ohnehin leichter wegstecken“, sagt Tourismusexperte Oliver Fritz vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). „Um die üppigen Hilfsgelder der Bundesregierung leistet sich diese Gruppe diesmal vielleicht noch ein Upgrade auf ein Hotel mit Wellnessbereich.“
Jene, die sich die erhöhten Lebenskosten zurzeit gerade noch leisten können, hat es auch schon in früheren Wintern nicht auf die Piste getrieben, sagt Fritz. Urlauber geben im Winter deutlich mehr Geld aus als im Sommer. Dennoch: Nie zuvor konnten sich so viele mindestens eine Woche Urlaub pro Jahr leisten. Das zeigt eine Auswertung der Statistik Austria im Auftrag der „Presse“(s. Grafik).
„Immer mehr Menschen in Österreich können sich Urlaubsreisen leisten. Im Jahr 2021 gaben 87 Prozent aller Haushalte an, dass ein jährlicher Urlaub für alle Haushaltsmitglieder im Bereich ihrer finanziellen Möglichkeiten liegt, 2014 waren es noch 81 Prozent und im Jahr 2008 lediglich 72 Prozent“, sagt Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Diese erfreuliche Entwicklung sage allerdings nichts darüber aus, ob die Urlaubskasse der Haushalte größer geworden ist oder der Urlaub zunehmend kostengünstig verbracht wird, etwa durch günstigere Reiseangebote oder bei Freunden oder Verwandten, fügt er hinzu.
Spricht man mit den führenden heimischen Sporthändlern, dann kann zumindest im Winter von Kaufzurückhaltung keine Rede sein. Die Umsätze durch den Verkauf von Ski-Equipment liegen deutlich über dem Niveau der ohnehin starken Vorsaison, sagen die Sporthändler Hervis und Intersport auf Anfrage der „Presse“. „Wenn schon, denn schon“scheint die Devise.
Das gilt auch für Nächtigungen. „Die Nachfrage in höherpreisigen Unterkünften mit eigenen Wellnessbereichen steigt kontinuierlich“, sagt Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. 40 Prozent aller Nächtigungen wurden 2022 in Vier- und Fünfsternehotels verbracht. Gleichzeitig steigt auch die Nachfrage im Low-BudgetSegment.
Gespart wird in der Hütte
„Die Mitte fällt weg“, sagt auch Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Entweder Tophotellerie oder Appartements. Das klassische Dreisternehotel
habe es hingegen schwer und verliere an Bedeutung. Auch, weil viele Familien zwar nicht „am Urlaub, sondern im Urlaub sparen“, also Appartements buchen und den einen oder anderen Einkehrschwung auslassen.
Mitunter hat die angestrebte Skihütte ohnehin nicht offen. Denn der Mitarbeitermangel sorgt vielerorts dafür, dass Hütten sogar in der Hochsaison einen Ruhetag einlegen müssen. Annemarie Foidl führt die Angerer Alm in St. Johann in Tirol. Seit zwei Jahren ist am Montag geschlossen. „Die Zahl meiner Mitarbeiter hat sich halbiert“, erzählt sie. Statt auf Biegen und Brechen nach Personal zu suchen, hat sie die Sitzplätze reduziert, weniger Speisen im Angebot und eben einen Ruhetag eingeführt. Fazit: „Uns geht es heute allen besser“, erzählt sie. Die Mitarbeiter sind ausgeglichener und motivierter. Weniger Personalkosten und Aufwände machen den geringeren Umsatz wett.