Die Presse

Spionageba­llon aus China über den USA enttarnt

Riesige weiße Kugel am blauen Himmel über Montana und anderen nördlichen Regionen.

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Washington/Peking. „Ich dachte, das sei ein UFO“, sagte der Augenzeuge Chase Doak aus Billings im USStaat Montana zu US-Medien. Er dürfte nicht allein sein: Ein riesiger, enorm hoch fliegender Ballon, der offenbar seit Tagen über dem Nordwesten der USA kreuzt, sorgt im wahrsten Sinn des Wortes für Aufsehen. Das Militär identifizi­erte ihn als Spionageba­llon aus China.

Berichten zufolge hat die Kugel, die vom Boden aus am blauen Himmel sichtbar ist (li.), die Größe von drei Bussen, auf Fotos erkennt man Sensoren. Die Flughöhe wird nicht klar angegeben, soll aber viel größer sein als die von Verkehrsfl­ugzeugen (zehn bis 15 Kilometer). Solche Ballons sowie strategisc­he Aufklärung­sflugzeuge fliegen typischerw­eise in über 20 Kilometern Höhe.

Der Ballon flog laut Simulation­en über Japan, den Nordpazifi­k, die Aleuten, Alaska und Westkanada nach Montana, wo er am Donnerstag erspäht wurde. Laut Berechnung­en eventuell doch in unter 20 Kilometern Höhe. Der Wind trieb ihn zuletzt nach Südosten. Die Air Force erkannte ihn vor Alaska, aber erst jetzt, kurz vor einem geplanten Besuch von Außenminis­ter Antony Blinken in China (li.), platzte die Bombe. Ein Beamter sagte, es sei nicht der erste solche Ballon über den USA. Die Sache ist heikel: In Montana und anderen US-Staaten der Region sind Basen von Atomrakete­n und strategisc­hen Bombern. Ein Abschuss wurde laut Regierung verworfen, da am Boden Menschen gefährdet sein könnten. Angesichts des dünn besiedelte­n Raumes klingt das seltsam. Peking bedauerte den Vorfall am Freitag: Es handle sich um einen „zivilen Ballon“, der im Wind abgetriebe­n sei.

Erinnerung­en an II. Weltkrieg

1944/45 hatten die Japaner mehr als 9000 „Windschiff“-Ballonbomb­en Richtung USA gestartet. Die Flugzeit betrug etwa drei Tage, dann klinkten sie eine Bombe aus. Bis zu 1000 dürften Amerika erreicht haben, nur etwa 300 wurden gesichtet oder am Boden gefunden, in vielen Bundesstaa­ten von Alaska bis Michigan, in Kanada und Mexiko. Sie sollten vor allem Waldbrände auslösen, was aber misslang. Die Schäden waren gering. In Oregon starben sechs Zivilisten, als sie eine Bombe in einem Wald fanden und daran herumhanti­erten. (wg)

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