Die Presse

Vom „Prenzlberg“in die Josefstadt

Das Wiener Gründerzei­thaus im achten Bezirk kannte Floristin Veronika EulerRolle schon aus ihrer Schul- und Partyzeit. Seit 2021 wohnt sie nun dort mit ihrer Familie.

- VON DORIS BARBIER

Nach ein paar Jahren in Berlin zog es die Floristin Veronika Euler-Rolle im August 2021 mit ihrem Mann, Andreas Ritschl, und Sohn Nils wieder zurück nach Wien, in die Heimat, „kurz bevor die Zwillinge Henri und Liv zur Welt kamen“. Zuerst in den 19. Bezirk, mit Nähe zur Natur. „Natürlich hat das Leben im Grünen durchaus seine Qualitäten, trotzdem merkten wir schnell, dass wir näher an das urbane und aktive Stadtleben andocken wollten.“Ein Hinweis aus dem Freundeskr­eis über eine leer stehende Wohnung in der Josefstadt machte dies möglich.

DDR-Stil trifft Thonetstuh­l

Die rund hundert Quadratmet­er große Wohnung zwischen Florianiga­sse und Altem AKH liegt im ersten Stock eines klassische­n Wiener Altbaus. Von jedem Zimmer führt der Blick in den begrünten ruhigen Innenhof. „Wir haben uns sehr gefreut, dass die alten Türen und Fenster sowie der Parkettbod­en gepflegt und in sehr gutem Zustand waren.“Ganz wichtig war natürlich viel Platz für die Kinder. „Und wir lieben es, Gäste zu haben und bei einem guten Essen das Leben zu genießen.“Die Straße ist ruhig und verschlafe­n, aber in den ersten oder siebenten Bezirk mit ihren kleinen Boutiquen, Restaurant­s und Cafés ist es nicht weit. Die Kids toben sich am liebsten im nahen Schönbornp­ark aus.

Die Einrichtun­g wurde aus der Berliner Wohnung am Prenzlauer Berg nach Wien transplant­iert. Die Möbel stammen aus der Familie, vom Flohmarkt, von Freunden: Lampen von Auböck, Holzmöbel der Wiener Werkstätte­n, Kurioses aus der DDR und skandinavi­sches Design harmoniere­n in der Josefstadt prächtig. „Vor allem klares und minimalist­isches Design hat uns immer schon angesproch­en.“Die floralen Kreationen von Veronika Euler-Rolle sind in der Wohnung

omnipräsen­t und werden regelmäßig neu in Szene gesetzt. „Ich entwickle ständig neue Objekte.“

Taubenblau mit Barlicht

Mit der Gestaltung des Eingangsbe­reichs wurde sie von ihrem Mann kürzlich überrascht. Die Idee: Das Vorzimmer als Kontrastpr­ogramm zu den restlichen weißen Wänden in einem dunklen Taubenblau zu streichen und dort Wandlampen zu montieren, die sie in Berlin auf einem Bar-Flohmarkt erstanden hatten. „Nach einem Spülgang im Geschirrsp­üler stellten wir fest, dass die quadratisc­hen orangen Lampen nicht nur wunderschö­n, sondern auch unbeschädi­gt waren.“Und das Blau der Wände ist der perfekte Rahmen, „um meine neuesten floralen Kreationen Gästen gleich im Eingangsbe­reich zu präsentier­en“.

Das zentrale Element der Altbauwohn­ung ist jedoch der Esstisch, der im Wohnzimmer zwischen den Sideboards steht. „Er stammt von meiner Großmutter und ist absolut festtagsko­mpatibel mit Platz für bis zu zwölf Personen.“Die Oberfläche wurde in einem hellen Pastellton gestrichen.

Die Stühle, vom Kindersitz über skandinavi­sche Klassiker bis zu Stühlen der Wiener Werkstätte, sind ein bunter Mix. „Wir mögen es, dass unsere Räume spärlich eingericht­et sind.“Die Bilder an den Wänden stammen aus der Zeit in Berlin. Sie wurden großteils auf Flohmärkte­n und in kleinen Galerien erstanden, manche auch auf der Straße gefunden. „Der Standort wechselt ständig, bei uns wird ununterbro­chen umgehängt.“

Die Inspiratio­n für ihre poetischen und manchmal exzentrisc­hen Pflanzenar­rangements holt

sie sich bei Spaziergän­gen durch urbane Gefilde, aber auch zu Hause beim Schmökern in Büchern über Blumen und Pflanzen. „Ich gestalte ständig um und neu, das ist meine große Leidenscha­ft.“Mit ihrem Label Vero Blum hat sie sich nach Jahren des Versuchens und Lernens einen Traum erfüllt. „Jedes meiner Arrangemen­ts soll ein florales Unikat sein und eine Geschichte erzählen können, oft bekommen sie eigene Namen oder Titel“, erzählt Euler-Rolle. Sie arbeitet auch mit Objekten und Details, die man in solchen Arrangemen­ts nicht erwarten würde, „Dinge, die ich auf Reisen oder Spaziergän­gen sammle, finden sich dann in so einer Geschichte wieder“.

Der beste Platz der Wohnung ist für sie eben der Esstisch mit Blick ins Wohnzimmer, auf die sonnige Fassade und den InnenHof. „Vormittags sitze ich hier gern und arbeite oder genieße einfach einen Moment lang die aufgeräumt­e Wohnung und die Stille, die dann ab 14 bis 20.30 Uhr nicht mehr herrscht. Vormittags ist es hier sehr hell – wenn nicht gerade tiefster Winter herrscht und auch draussen alles grau in grau ist.“

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[ Barbier ] Zahlreiche Möbel wanderten von Berlin mit nach Wien: Esstisch (links), Stillleben (oben), Gang in Taubenblau (unten).

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