Die Presse

Heute Ritterburg, morgen Feenwald

Spielzone, Rückzugsoa­se, Stauraum, Lernzimmer: Raum für Kinder muss viele unterschie­dliche Funktionen vereinen. Wie das am besten gelingt, und welche Möglichkei­ten es bei geteilten Räumen gibt.

- VON STEPHANIE TOBEITZ

Während Kleinkinde­r am liebsten bei den Eltern sind, brauchen ältere zunehmend auch Rückzugsfl­ächen. Stauraum für all die Kleider, Spielsache­n und Bücher muss man zudem miteinplan­en. Und sonst? „Manche Eltern glauben, ein Bubenzimme­r müsse in Blau-Nuancen gehalten werden. Dabei sind diese meist ,kalt‘ und senken die empfundene Raumtemper­atur. Gemütlich sind Creme, Beige oder Taupe ergänzt mit Akzenten in kräftiger Farbe“, sagt Beate Klein. Sie und ihr Mann, Stephan, betreiben seit 2006 die Einrichtun­gsgeschäft­e Herr und Frau Klein in Wien und Dornbirn. Von klassische­n Leitmotive­n – Prinzessin oder Feuerwehr etwa – wird abgeraten. Ein Zimmer muss heute Piratenhöh­le, morgen Ritterburg und übermorgen Feenreich sein können. Und alles andere auch:

Ein Kind muss sich entwickeln, seine Fantasie walten lassen können. Da ist eine neutrale, robuste, praktische Umgebung, sinnvoll, mit Platz zum Kuscheln, für ein Geborgenhe­it vermitteln­des Bett in einer gemütliche­n Ecke, Freiraum mit Teppichen und Pölstern auf dem Boden zum Spielen oder Lesen, gut erreichbar­e Regale und ein Tischchen zum Malen, das in den späteren Jahren gegen einen Schreibtis­ch getauscht wird.

In der Regel ist es nicht immer einfach, durchdacht­e Gestaltung­slösungen zu finden. Wer sich erfahrene Fachkräfte zur Seite holt, kann sich mit dieser Investitio­n mitunter spätere Umplanunge­n ersparen. Oft werde der Fehler gemacht, den Kindern die kleinsten Räume zu geben. „Wir empfehlen bei der Raumvertei­lung zu überlegen, wer sich am häufigsten durch die Wohnung hüpfend bewegt und wer die meiste Zeit auf dem Boden verbringt. Die Eltern sind es wohl eher nicht“, erklärt Klein. Eine Idee wäre, in einem entspreche­nden Alter Zimmer zu tauschen. „Ein Baby braucht weniger Quadratmet­er, Rückzugsmö­glichkeite­n und ,Allein-sein-Zeit‘ als ein Kindergart­en- oder Volksschul­kind beim Lernen und beim Spielen mit Freunden“, sagt die Wiener Architektu­rplanerin Josseline Haerdtl.

Mitwachsen­d, rollend, etagiert

Ob ein Mehrkinder­haushalt auch mehrere Kinderzimm­er braucht, hängt vor allem von der Dynamik und dem Alter zwischen dem Nachwuchs ab. Kleinere, bis zum mittleren Volksschul­alter, fühlen sich in einem gemeinsame­n Raum oft sehr wohl. „Speziell in der Nacht kann bei diesen die Anwesenhei­t eines Geschwiste­rchens beruhigend wirken“, weiß Haerdtl. Ein Schulkind hingegen brauche einen ruhigen Raum zum Lösen der Hausaufgab­en. Und bei einem großen Altersunte­rschied ist natürlich auch das Spielzeug unterschie­dlich.

Sollte ein Zimmer geteilt werden müssen, weil es die Gegebenhei­ten nicht anders ermögliche­n, gilt es, für gerechte Aufteilung zu sorgen. „Einzelne Bereiche mit Textilien, Farben oder Regalen zu trennen ist einfach, aber effektiv. Etagenbett­en mit Vorhängen zu versehen und damit ,Höhlen‘ zu schaffen, ist ebenso eine gute Option“, weiß Olha Skvoretski, Interieur-Designerin. Die zweifache Mutter bietet mit ihrem Label Vogelhaus Kinderzimm­er Design Grundkonze­pte und Produktemp­fehlungen für Kinderzimm­er an. Die Raumgröße für ein Kind sollte mindestens 14 Quadratmet­er messen, bei mehreren entspreche­nd größer. Und was tun, wenn das Eigenheim diese Großzügigk­eit nicht bieten kann? „Die Raumhöhe nutzen. Durch Hoch- und Stockbette­n kann Platz gewonnen werden“, weiß Skvoretski. Das untere Bett kann auch als Sofa für untertags genutzt werden.

Ebenfalls empfehlens­wert sind Spielzeugk­isten mit Rollen. Sie werden untertags in die Wohnzone geschoben und abends wieder zurück in den Kinderbere­ich. Um nicht alle Jahre das Kinderzimm­er dem Alter anpassen zu müssen, raten die Profis an der richtigen Stelle zu mitwachsen­den Einrichtun­gsgegenstä­nden. „Viele Baby- und manche Kinderbett­en lassen sich mit wenigen Handgriffe­n verlängern und umgestalte­n. ,Normale‘ Kommoden können mit Wickelaufl­agen als Wickelstat­ion verwendet werden“, sagt Haerdtl. Das findet auch Thomas Maitz, Grazer Tischlerme­ister und Produktdes­igner von Kindermöbe­ln: „Idealerwei­se entwickelt sich ein Kinderzimm­er weiter wie die Kinder selbst. Produkte müssen der vielseitig­en, täglichen Nutzung durch Kinder standhalte­n und viele Jahre hinweg mehrere Kinder begleiten können.“

 ?? [ Vogelhaus@Olha Skvoretski ] ?? Weiß oder Creme lassen den Raum größer wirken, ein Stockbett schafft Platz – auch wenn das untere als Sofa dient.
[ Vogelhaus@Olha Skvoretski ] Weiß oder Creme lassen den Raum größer wirken, ein Stockbett schafft Platz – auch wenn das untere als Sofa dient.
 ?? [ Herr&FrauKlein ] ?? Hübsch geschützt: umbaufä- higes Babymöbel.
[ Herr&FrauKlein ] Hübsch geschützt: umbaufä- higes Babymöbel.

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