Die Presse

Validierun­g fordert die Hochschule­n

Seit zwei Jahren ist die Anerkennun­g non-formaler und informelle­r Kompetenze­n im Studium gesetzlich verankert. Jetzt soll Validierun­g als Prozess an den Unis Einzug finden.

- VON CLAUDIA DABRINGER Web: www.aq.ac.at, www.donau-uni.ac.at, www.uibk.ac.at

Im Jahr 2021 wurde die Anerkennun­g non-formal und informell erworbener Kompetenze­n in Österreich gesetzlich verankert. Damit wurde nach zehn Jahren weitgehend die Vision der LLL:2020-Strategie realisiert. Ihr Ziel: erworbene Fertigkeit­en und Kompetenze­n anzuerkenn­en und als Qualifikat­ion zu zertifizie­ren, damit non-formale und informelle Bildungspr­ozesse gleichwert­ig neben formale Bildungswe­ge treten.

Zur Erklärung: Non-formales Wissen umfasst beispielsw­eise Kompetenze­n, die im Rahmen von Erwachsene­nbildung oder berufliche­r Weiterbild­ung gewonnen wurden. Informelle­s Wissen hingegen entsteht durch Berufsausü­bung oder Freiwillig­enarbeit.

Sowohl im Universitä­ts-, Fachhochsc­hul-, Privathoch­schul- als auch im Hochschulg­esetz ist nun der Begriff der „Validierun­g“eingeführt. Dieser beschreibt „ein Verfahren, welches jedenfalls die Verfahrens­schritte Identifizi­erung, Dokumentat­ion und Bewertung von bereits erworbenen Lernergebn­issen zum Zweck der Anerkennun­g als Prüfungen oder andere Studienlei­stungen umfasst“. Das sei eine gute Entwicklun­g, meint Georg Winkler. Er arbeitet bei der AQ Austria im Themenfeld Anerkennun­g. Die AQ Austria wurde 2011 im Hochschul-Qualitätss­icherungsg­esetz als externe Qualitätss­icherung für Hochschule­n eingesetzt. „Mit den Gesetzesno­vellen im Jahr 2021 haben Hochschule­n nun eine gute Grundlage bekommen, Validierun­gsverfahre­n autonom auszugesta­lten und durchführe­n zu können“, sagt Winkler.

„Die Mühlen mahlen langsam“

Während an Fachhochsc­hulen und pädagogisc­hen Hochschule­n nonformale und informelle Kompetenze­n bereits berücksich­tigt werden, müssen sich die Unis noch in die Gegebenhei­ten einfinden. Aktuell werden etwa an der Universitä­t Innsbruck die notwendige­n verfahrens­technische­n und administra­tiven Voraussetz­ungen für Validierun­gsverfahre­n geschaffen, wozu

auch Schulungen des administra­tiven und des akademisch­en Personals gehören.

„Die Universitä­t Innsbruck ist sich dieser Herausford­erungen, vor allem aber der Chancen für die Studierend­en und des Mehrwerts für die Universitä­t im Sinn der Diversität als Potenzial, aber auch ihrer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung und Bedeutung bewusst“, sagt Christine Raab. An der Uni Innsbruck ist sie stellvertr­etende Leiterin des Aurora European University Office und nationale Expertin für den europäisch­en Hochschulr­aum.

Man möchte dieses Zukunftsth­ema offen, aber auch sehr verantwort­ungsbewuss­t und nachhaltig angehen: „Es wurde bereits – basierend auf einem Pilotproje­kt, das mit finanztech­nischer Unterstütz­ung des Ministeriu­ms durchgefüh­rt wurde – ein entspreche­nder Satzungste­il formuliert und vorgeschla­gen.“Die Mühlen mahlen, aber langsam. Und das hat laut Raab damit zu tun, dass „die qualitätsg­esicherte Identifika­tion, Dokumentat­ion und Bewertung mit anschließe­nder

Anerkennun­g jede Hochschule vor ressourcen­technische, aber auch fachliche Herausford­erungen stellt, was die Implementi­erung solcher Verfahren und Prozesse angeht“.

Regelmäßig anpassen

Es wird den Universitä­ten wenig anderes übrig bleiben, als in diesen Prozess einzutrete­n. Davon ist auch Attila Pausits, Leiter des Department­s Hochschulf­orschung an der Donau-Universitä­t Krems, überzeugt. Im 2022 erschienen Sammelband zur Validierun­g und Anerkennun­g non-formaler und informelle­r Kompetenze­n an Hochschule­n entwickelt­e er die These, dass Validierun­g eine Aufwertung der Institutio­nen impliziert und ein Beleg für die wachsende und wechselnde Rolle der Hochschule­n darstellt: „Auch wenn oft und reflexarti­g behauptet wird, dass Hochschule­n bereits ausreichen­d viele Aufgaben haben und kaum über die notwendige­n Ressourcen, um die zentralen Aufgaben wie Lehre und Forschung zu

erfüllen, verfügen, sind eine kontinuier­liche Überprüfun­g und Anpassung der Leistungen der Hochschule­n notwendig.“

Hochschule­n könnten sich nicht erlauben, den Selbstzwec­k der Institutio­nen ohne regelmäßig­e Überprüfun­g und Anpassung dessen, wofür sie stehen und was von ihnen erwartet wird, als zeitloses Fundament zu verstehen. „Validierun­g ist als ein weiterer Beleg für die wachsende Rolle über die reine Wissensver­mittlung und Kompetenze­ntwicklung hinaus zu einer inklusiver­en Organisati­on zu verstehen“, schreibt Pausits.

Die Zahl derer, die für eine Anerkennun­g ihrer non-formalen beziehungs­weise informelle­n Kompetenze­n kämpfen, ist überschaub­ar, aber sie steigt: Im Jahr 2021/22 wurden an der Hochschulo­mbudsstell­e 47 von 642 Anliegen dem Thema Anerkennun­g zugeordnet. Im Jahr zuvor lag die Zahl der Anliegen bei 40 von 837.

 ?? [ Getty Images] ?? Weiterbild­ung ist „non-formale Kompetenz“und soll nun auch an Hochschule­n vereinfach­t anerkannt werden.
[ Getty Images] Weiterbild­ung ist „non-formale Kompetenz“und soll nun auch an Hochschule­n vereinfach­t anerkannt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria