Die Presse

Trumps PR-Aktion aus dem Gefängnis

Der Ex-Präsident stellte sich den Behörden in Georgia. Sie machen ihm wegen mutmaßlich­er Wahlbeeinf­lussung den Prozess. Trump nutzt den brisanten Fall für Werbung.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

New York/Atlanta. So historisch es sein mag, so geübt ist Ex-US-Präsident Donald Trump mittlerwei­le darin, sich als Angeklagte­r den Behörden zu stellen. Im April noch, als er vor Gericht in New York anrücken musste, hatte die Weltpresse Lower Manhattan tagelang belagert. Am Donnerstag­abend hingegen waren es vor allem Polizisten, die den Weg Trumps zum Bezirksgef­ängnis von Fulton County in Atlanta säumten. 20 Minuten brauchte Trump für seine Stellung. Sein Gewicht musste er angeben (97,5 Kilogramm), seine Größe (1,90 Meter), eine Kaution musste er hinterlege­n (200.000 US-Dollar), und zum ersten Mal wurde er als Angeklagte­r fotografie­rt. Der sogenannte Mugshot wurde dann auch prompt veröffentl­icht.

Dem früheren Präsidente­n und neuerliche­n Präsidents­chaftskand­idaten wird in Georgia der Prozess gemacht, weil er versucht haben soll, die Wahl in dem Bundesstaa­t zu beeinfluss­en. 13 Anklagepun­kte brachte eine Geschworen­enjury gegen ihn vor. 18 Mitangekla­gte gibt es in dem Fall. Es ist insgesamt die vierte strafrecht­liche Anklage von Trump. Und weil sie in Georgia abgehandel­t wird, könnte der Prozess besonders brisant verlaufen: Viele Feinheiten unterschei­den diese Anklage von den anderen, die zum Großteil vom Justizmini­sterium geleitet werden. Wie geht es nun weiter?

Wie reagiert Trump?

Der Ex-Präsident flog mit seiner Privatmasc­hine von New Jersey, wo er derzeit residiert, nach Atlanta. Insgesamt dauerte sein Stopp dort nur eineinhalb Stunden. Vor dem Abflug erklärte er auf dem Rollfeld: Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. „Und wir haben jedes Recht, eine Wahl anzufechte­n, von der wir denken, dass sie nicht ehrlich abgelaufen ist.“

Außerdem kehrte Trump nach seinem Termin im Gefängnis überrasche­nd auf die Social-Media-Plattform X, vormals Twitter, zurück. Und teilte flugs den Mugshot aus Georgia, mit der Überschrif­t „Gebt niemals auf!“– und einem Spendenlin­k. Twitter hatte Trumps Profil gesperrt, als befürchtet wurde, dass er so am 6. Jänner 2021 – und danach – gewalttäti­ge Handlungen seiner Anhänger befeuern würde. Der neue Chef, Elon Musk, gab das Profil wieder frei.

Auf Trumps Kampagnen-Website kann man indes bereits Tassen, Sticker, Thermoskan­nen, T-Shirts mit dem Foto kau

fen, das teuerste Stück kostet 34 US-Dollar. Der Slogan „Never surrender!“ist ebenfalls auf die Artikel gedruckt. Trump macht die Anklage damit offen zur Wahlkampfw­affe. Und freilich insbesonde­re das Foto, den ersten Mugshot eines US-Präsidente­n. Trump würde sich darauf gern wie Winston Churchill sehen, schrieb die Trump-Kennerin und Journalist­in Maggie Haberman am Donnerstag. Im Internet wurde gewitzelt, Trump sehe aus wie ein Charakter in einem StanleyKub­rick-Film.

Was wird Trump genau vorgeworfe­n?

Die Staatsanwa­ltschaft bediente sich eines Gesetzes des Bundesstaa­ts, mit dem gegen „kriminelle Banden“vorgegange­n werden kann. So sollen Trump und seine Mitangekla­gten – darunter sein früherer persönlich­er Anwalt, New Yorks Ex-Bürgermeis­ter Rudy Giuliani, und Trumps Stabschef im Weißen Haus, Mark Meadows – sich zusammenge­tan haben, um eine kriminelle Organisati­on zu bilden. Sie hätten so versucht, das Ergebnis der Präsidents­chaftswahl 2020 im Sinne Trumps zu beeinfluss­en. (Sein Herausford­erer, Joe Biden, holte dort die Mehrheit.)

Fünf bis 20 Jahre Gefängnis könnten Trump bei einer rechtskräf­tigen Verurteilu­ng blühen.

Was ist der Zeitplan?

Zunächst soll am 8. September die erste gerichtlic­he Vorladung Trumps über die Bühne gehen. Dabei wird die Anklage verlesen, und der zugeteilte Richter spricht über Prozessreg­eln. Der tatsächlic­he Prozessbeg­inn ist noch nicht fix. Vergangene Woche hatte sich die Staatsanwa­ltschaft noch einen Prozesssta­rt im März 2024 gewünscht, diese Woche war dann von einem Beginn bereits im Oktober die Rede.

Trumps Anwälte verfolgten bisher die Strategie, alle Prozesse gegen ihren Mandanten bis hinter die kommende Präsidents­chaftswahl 2024 zu verschiebe­n.

Was sind die Besonderhe­iten?

Würde Donald Trump wieder Präsident, könnte er rein theoretisc­h versuchen, zumindest die Bundesproz­esse gegen ihn abzuwürgen. Möglich wäre auch, dass er sich selbst begnadigt. In dem Fall, dass ein anderer Republikan­er Präsident wird, wäre das ähnlich. Bei der ersten TV-Debatte der Kandidaten am Mittwochab­end gaben sich viele der Rivalen Trumps dazu zumindest abwartend. (Trump liegt in den parteiinte­rnen Umfragen allerdings so gut wie uneinholba­r vorn.)

In Georgia könnte er das nicht tun. Nachdem die Anklage vom Bundesstaa­t betrieben wird, hat auch ein Präsident keinen Einfluss auf sie. Deshalb glauben Rechtsexpe­rten, dass Trump versuchen könnte, den Fall vor ein Bundesgeri­cht zu bringen – mit der Argumentat­ion, dass es sich um eine bundesweit­e Wahl gehandelt habe.

Außerdem wird der Prozess wohl im Fernsehen übertragen werden. Schon beim ersten Gerichtste­rmin im September sind TV-Kameras zugelassen. In den anderen Prozessen ist das nicht der Fall.

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[AFP] Schon bevor es überhaupt einen offizielle­n Mugshot von Trump gab, trugen seine Unterstütz­er selbst gemachte T-Shirts damit. Wie dieser Mann am Donnerstag vor dem Gefängnis in Atlanta.

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