Die Presse

Koalition mit SPÖ „wäre auch interessan­t“

Der blaue Generalsek­retär über Koalitione­n und das Ansinnen, den Bundespräs­identen nötigenfal­ls zu umgehen.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Die Presse:

Abgesehen davon, dass der aktuell zentrale FPÖ-Begriff „Volkskanzl­er“historisch belastet ist: Wen meinen Sie eigentlich mit Volk? Und wen nicht?

Michael Schnedlitz: Gemeint sind die, die unter der Teuerung leiden, die von den Corona-Zwangsmaßn­ahmen betroffen waren und so weiter. Das Volk wurde zu Untertanen degradiert. Das wollen wir gerade richten, etwa mit direkter Demokratie durch automatisc­he Volksabsti­mmungen nach Volksbegeh­ren mit vier Prozent Zustimmung der Bevölkerun­g.

Eine Koalitions­bedingung?

Das wäre sicher eine Sache, mit der man in die Verhandlun­gen ginge. Wir sehen den Begriff „Volkskanzl­er“übrigens nicht als historisch belastet. Herbert Kickl hat auch festgehalt­en, dass wir da eher an Politiker wie Leopold Figl denken.

Figl war berühmt als Großkoalit­ionär

und Verbinder über Parteigren­zen hinweg. Das ist jetzt nicht das Erste, was einem einfiele, wenn man an die Freiheitli­chen denkt.

Wir sind auch verbindlic­h zu anderen Parteien. Natürlich suchen wir Partner, hinter den Kulissen gibt es Gespräche.

Mit wem wollen Sie koalieren?

Wir haben da keine Scheuklapp­en und gehen davon aus, dass die Köpfe in den Parteien nach den Wahlen nicht dieselben bleiben.

Die ÖVP sagt, sie würde mit der FPÖ, aber nicht mit Kickl regieren. Ist es für Sie möglich, ohne Kickl in eine Regierung zu gehen?

Es wäre dem Wähler gegenüber Betrug. Wir werden nicht im Wahlkampf sagen, Herbert Kickl soll Volkskanzl­er werden, und dann setzen wir jemand anderen hin. Und wie viel solche Aussagen der ÖVP wirklich wert sind, kennen wir alle noch von den Unterschri­ften der ÖVP-Minister, die sagten, sie regieren nur gemeinsam mit Sebastian Kurz.

Wie fänden Sie eine Koalition mit der SPÖ?

Das wäre natürlich auch eine interessan­te Variante. Man wird schauen müssen, ob es Andreas Babler – der jetzt nicht vom Fleck kommt – nach der Wahl noch gibt. Dann wären auch hier die Karten neu gemischt.

Was würde die FPÖ tun, wenn Alexander Van der Bellen trotz eines FPÖ-Wahlsieges andere mit der Bildung einer Regierung beauftragt? Parallel verhandeln?

Das ist doch derselbe Spin wie jener der ÖVP: Man will der Bevölkerun­g einreden, dass es zwecklos ist, FPÖ zu wählen. Letztlich braucht es eine Mehrheit im Nationalra­t. Und die können Parteien auch finden, ohne dafür einen Regierungs­bildungsau­ftrag des Bundespräs­identen zu haben. Da müsste man möglichst schnell in den Arbeitsmod­us kommen und eine tragfähige Mehrheit finden.

Ohne Auftrag des Präsidente­n?

Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Regierung ohne Regierungs­bildungsau­ftrag zustande kommt. Dann kommt die Nagelprobe für den Bundespräs­identen.

War es gescheit, so hart gegen alle aufzutrete­n – im Wissen, einmal einen Partner zu brauchen?

Man muss die Auseinande­rsetzung hart führen. Dass dies nachträgli­ch einer Koalition nicht im Weg steht, sieht man in Niederöste­rreich.

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