Gewalt: Zu wenig Hilfe für Frauen
Scharfe Kritik beim Schutz der Frauen, die von männlicher Gewalt betroffen sind. Eine Gesamtstrategie fehle.
Fehlende Ambulanzen, fehlende Daten, fehlende Maßnahmenkriterien bei Hochrisikofällen: Das sind Kritikpunkte eines Rechnungshofberichts, der am Freitag veröffentlicht wurde. Der Rechnungshof kritisiert darin die fehlende Gesamtstrategie im Umgang mit von Gewalt betroffenen Frauen.
Gegenstand der Prüfung, die die Jahre 2018 bis einschließlich September 2022 beleuchtete, waren unter anderem die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern, die für den Schutz von Frauen vor Gewalt zuständig sind.
Die im Bundeskanzleramt angesiedelte Sektion Frauen ist zwar die bundesweit koordinierende Stelle für Maßnahmen zum Gewaltschutz, verfügt jedoch über keine rechtlichen oder finanziellen Ressourcen, um diese auch durchzusetzen. Der Rechnungshof empfiehlt, dass das Bundeskanzleramt gemeinsam mit den zuständigen Ministerien und den Ländern Schwerpunkte zur Eindämmung von Gewalt gegen Frauen festlegen sollte.
Fehlende Datenlage
Neben kritischen Worten hebt der Rechnungshof aber auch das in nahezu jedem Bundesland niederschwellige Angebot und die Frauenhelpline positiv hervor. Doch bei der Datenlage gibt es Aufholbedarf: „Die zur Verfügung stehenden Daten sind für sich allein nicht aussagekräftig, um Erkenntnisse zu den Ursachen und der Tatgeschichte sowie für zielgerichtete präventive Maßnahmen ableiten zu können.“
Festgehalten ist im Bericht auch der „Gewalt in der Privatsphäre“Support. Gemeint ist die Tätigkeit eines speziellen Supportteams, das Polizisten in Wien beim Einschreiten in sensiblen Bereichen unterstützt. Ziel ist, Hochrisikofälle frühzeitig zu identifizieren. Außerhalb Wiens gibt es keine vergleichbaren Unterstützungsstrukturen. Der Rechnungshof empfiehlt daher dem Innenministerium, sicherzustellen, dass Polizisten bundesweit ähnlich unterstützt werden.
Auch bezüglich der von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) versprochenen Gewaltambulanzen, die Gewaltspuren zeitnah als Beweismaterial sichern sollen, nimmt sich der Rechnungshof kein Blatt vor den Mund. Er mahnt, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die flächendeckende Einrichtung von Gewaltambulanzen rasch realisiert werden kann. Zadić hatte im Vorjahr Ambulanzen versprochen, heuer die Ankündigung wiederholt. Taten fehlen.
Ausbildungspflicht für Richter?
Zudem müssten Fallkonferenzen einheitlichen Kriterien bei der Abwicklung unterliegen. Sie dienen als Schutzmaßnahme für gefährdete Personen, bei denen alle beteiligten Institutionen an einen Tisch gebracht werden. Der Rechnungshof zeigt in seinem Bericht Verbesserungspotenzial auf. So würden Staatsanwaltschaften trotz Einladungen durch die Sicherheitsbehörde kaum an Fallkonferenzen teilnehmen.
Gegenstand des Berichts waren auch Richter. Diese müssen seit 2009 im Zuge ihrer Ausbildung einen zweiwöchigen Dienst bei einer Opferschutz- oder Fürsorgeeinrichtung absolvieren. Für jene, die sich nicht bereits in ihrer Ausbildung mit dem Thema Gewalt gegen Frauen auseinandergesetzt hatten, bestand aber keine Pflicht, diesen zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Der Rechnungshof empfiehlt daher, nötigenfalls eine Fortbildungsverpflichtung für Richter zu schaffen. Das Justizministerium zeigte sich bereits in seiner Stellungnahme dafür aufgeschlossen.