Panamakanal bremst Welthandel
Die Kapazitäten des Panamakanals wurden wegen Wassermangels reduziert. Mehr als 130 Schiffe stehen im Stau. Die Folgen sind bisher überschaubar, Containerpreise steigen aber.
Die Bilder der „Ever Given“sind noch allgegenwärtig. Gut zwei Jahre ist es her, als das havarierte Frachtschiff den Suezkanal und damit die wichtigste Wasserstraße der Welt blockierte. Besser hätte der Vorfall die Fragilität der Weltwirtschaft kaum illustrieren können: Hunderte Schiffe mussten mehrere Tage auf ihre Weiterfahrt warten, die Containerpreise zogen an, die moderne Just-in-time-Wirtschaft kam an ihre Grenzen.
Der Vorfall im Suezkanal konnte nach wenigen Tagen behoben werden. Im Panamakanal, dem zweiten wichtigen Nadelöhr für den globalen Warenverkehr, bahnt sich nun aber ein längerfristiges Problem an. Wegen des niedrigen Wasserstands infolge der anhaltenden Trockenheit haben Panamas Behörden die Höchstzahl der Schiffsquerungen reduziert. Seit Ende Juli dürften maximal 32 (statt bisher 36 bis 40) Schiffe pro Tag die Wasserstraße passieren. Eigentlich sollte es sich dabei um eine vorübergehende Maßnahme handeln, am Mittwoch verlängerte die Behörde die Einschränkung aber um mindestens zehn Monate.
Dutzende Frachter warten seit Wochen auf ihre Durchfahrt. Trackingdienste zeigen, wie sich auf beiden Seiten der Einfahrt wartende Schiffe sammeln. Zeitweise hätten rund 200 Tanker, Containerschiffe und Schüttgutfrachter vor den Schleusen gewartet, berichtete das „Wall Street Journal“. Die Panamakanal-Behörde spricht von rund 130 Schiffen, die auf beiden Seiten des 80 Kilometer langen Kanals auf ihre Weiterfahrt warten.
Containerpreise gestiegen
„Das Niedrigwasser im Panamakanal trifft vor allem die maritimen Verbindungen zu und von US-Häfen“, sagt Ökonom Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Besonders betroffen seien die Mineralöl- und Chemieindustrie in Texas und Louisiana. Mehr als die Hälfte der aufgehaltenen Frachtschiffe sind Flüssiggas-, Chemie- oder Ölproduktetanker. Sie transportieren Chemikalien und Brennstoffe weiter nach Ostasien und die amerikanische Westküste. Wegen der allgemein schwachen konjunkturellen Lage sind die Auswirkungen auf die Rohstoffmärkte jedoch noch überschaubar. „Sollte sich in den kommenden Monaten aber wieder ein konjunktureller Aufschwung einstellen, könnte ein verstopfter Panamakanal diesen bremsen“, sagt IfW-Direktor Holger Görg zur „Presse“.
Nach der Suez-Blockade und Covid-bedingt geschlossener chinesischer Häfen haben sich die globalen Lieferketten wieder deutlich erholt. Sinnbildlich zeigt das die Entwicklung der Containerpreise, die fast wieder auf das Niveau von vor der Krise gefallen sind. Die jüngsten Verwerfungen zeigen aber bereits Effekte. So stiegen die Verschiffungskosten für einen 40-FußContainer von Shanghai nach New York der Schifffahrtsberatung Drewry zufolge jüngst auf 3425 USDollar – über 30 Prozent mehr als noch vor wenigen Wochen.
Folge des Klimawandels
Insgesamt passieren pro Jahr rund 14.000 Schiffe den Panamakanal, sechs Prozent des Welthandels werden durch ihn abgewickelt. Für Europa sind die Auswirkungen der aktuellen Einschränkungen jedoch deutlich geringer als bei der Blockade des Suezkanals. Während etwa zehn Prozent des deutschen Außenhandels den Suezkanal passieren, dürfte dieser Wert für den Panamakanal eher bei drei Prozent liegen. Ähnliche Werte lassen sich für Österreich annehmen.
Die reduzierten Transitraten sind eine direkte Konsequenz auf die veränderten klimatischen Bedingungen. Das eigentlich regenreiche Panama ächzt unter einem der trockensten Sommer seit Beginn der Datenerhebung. Der Kanal, der anders als andere Schifffahrtsstraßen mit Frisch- und nicht mit Salzwasser gespeist wird, führt schlicht zu wenig Wasser. Derartige Dürresommer werden häufiger, weiß auch Kanal-Chef Vásquez. Es müssten Lösungen gefunden werden, um als internationale Handelsroute relevant zu bleiben. Eine Folge könnte sein, dass querende Schiffe künftig nicht mehr voll beladen werden dürfen.