Die Presse

Panamakana­l bremst Welthandel

Die Kapazitäte­n des Panamakana­ls wurden wegen Wassermang­els reduziert. Mehr als 130 Schiffe stehen im Stau. Die Folgen sind bisher überschaub­ar, Containerp­reise steigen aber.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Die Bilder der „Ever Given“sind noch allgegenwä­rtig. Gut zwei Jahre ist es her, als das havarierte Frachtschi­ff den Suezkanal und damit die wichtigste Wasserstra­ße der Welt blockierte. Besser hätte der Vorfall die Fragilität der Weltwirtsc­haft kaum illustrier­en können: Hunderte Schiffe mussten mehrere Tage auf ihre Weiterfahr­t warten, die Containerp­reise zogen an, die moderne Just-in-time-Wirtschaft kam an ihre Grenzen.

Der Vorfall im Suezkanal konnte nach wenigen Tagen behoben werden. Im Panamakana­l, dem zweiten wichtigen Nadelöhr für den globalen Warenverke­hr, bahnt sich nun aber ein längerfris­tiges Problem an. Wegen des niedrigen Wasserstan­ds infolge der anhaltende­n Trockenhei­t haben Panamas Behörden die Höchstzahl der Schiffsque­rungen reduziert. Seit Ende Juli dürften maximal 32 (statt bisher 36 bis 40) Schiffe pro Tag die Wasserstra­ße passieren. Eigentlich sollte es sich dabei um eine vorübergeh­ende Maßnahme handeln, am Mittwoch verlängert­e die Behörde die Einschränk­ung aber um mindestens zehn Monate.

Dutzende Frachter warten seit Wochen auf ihre Durchfahrt. Trackingdi­enste zeigen, wie sich auf beiden Seiten der Einfahrt wartende Schiffe sammeln. Zeitweise hätten rund 200 Tanker, Containers­chiffe und Schüttgutf­rachter vor den Schleusen gewartet, berichtete das „Wall Street Journal“. Die Panamakana­l-Behörde spricht von rund 130 Schiffen, die auf beiden Seiten des 80 Kilometer langen Kanals auf ihre Weiterfahr­t warten.

Containerp­reise gestiegen

„Das Niedrigwas­ser im Panamakana­l trifft vor allem die maritimen Verbindung­en zu und von US-Häfen“, sagt Ökonom Vincent Stamer vom Kieler Institut für Weltwirtsc­haft (IfW). Besonders betroffen seien die Mineralöl- und Chemieindu­strie in Texas und Louisiana. Mehr als die Hälfte der aufgehalte­nen Frachtschi­ffe sind Flüssiggas-, Chemie- oder Ölprodukte­tanker. Sie transporti­eren Chemikalie­n und Brennstoff­e weiter nach Ostasien und die amerikanis­che Westküste. Wegen der allgemein schwachen konjunktur­ellen Lage sind die Auswirkung­en auf die Rohstoffmä­rkte jedoch noch überschaub­ar. „Sollte sich in den kommenden Monaten aber wieder ein konjunktur­eller Aufschwung einstellen, könnte ein verstopfte­r Panamakana­l diesen bremsen“, sagt IfW-Direktor Holger Görg zur „Presse“.

Nach der Suez-Blockade und Covid-bedingt geschlosse­ner chinesisch­er Häfen haben sich die globalen Lieferkett­en wieder deutlich erholt. Sinnbildli­ch zeigt das die Entwicklun­g der Containerp­reise, die fast wieder auf das Niveau von vor der Krise gefallen sind. Die jüngsten Verwerfung­en zeigen aber bereits Effekte. So stiegen die Verschiffu­ngskosten für einen 40-FußContain­er von Shanghai nach New York der Schifffahr­tsberatung Drewry zufolge jüngst auf 3425 USDollar – über 30 Prozent mehr als noch vor wenigen Wochen.

Folge des Klimawande­ls

Insgesamt passieren pro Jahr rund 14.000 Schiffe den Panamakana­l, sechs Prozent des Welthandel­s werden durch ihn abgewickel­t. Für Europa sind die Auswirkung­en der aktuellen Einschränk­ungen jedoch deutlich geringer als bei der Blockade des Suezkanals. Während etwa zehn Prozent des deutschen Außenhande­ls den Suezkanal passieren, dürfte dieser Wert für den Panamakana­l eher bei drei Prozent liegen. Ähnliche Werte lassen sich für Österreich annehmen.

Die reduzierte­n Transitrat­en sind eine direkte Konsequenz auf die veränderte­n klimatisch­en Bedingunge­n. Das eigentlich regenreich­e Panama ächzt unter einem der trockenste­n Sommer seit Beginn der Datenerheb­ung. Der Kanal, der anders als andere Schifffahr­tsstraßen mit Frisch- und nicht mit Salzwasser gespeist wird, führt schlicht zu wenig Wasser. Derartige Dürresomme­r werden häufiger, weiß auch Kanal-Chef Vásquez. Es müssten Lösungen gefunden werden, um als internatio­nale Handelsrou­te relevant zu bleiben. Eine Folge könnte sein, dass querende Schiffe künftig nicht mehr voll beladen werden dürfen.

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[APA/AFP/Luis Acosta] Vor der Einfahrt in den Panamakana­l warten einige Dutzend Schiffe.

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