Die Presse

Jetzt kann sich Trump auch noch mit Jane Fonda vergleiche­n

Donald Trump wurde mit einem Polizeifot­o bedacht. Was seine Gegner ersehnten, könnte ihm nutzen: Promi-Mug-Shots sind in den USA Kult.

- ANDREY ARNOLD UND DUYGU ÖZKAN

Viel Aufhebens wurde darum gemacht, dass Donald Trump sich im Zuge der jüngsten Anklage gegen ihn die Anfertigun­g eines sogenannte­n Mug Shots – also eines erkennungs­dienstlich­en Polizeifot­os – gefallen lassen musste. Doch der Trommelwir­bel mündete am Freitag in einen enttäusche­nden Tusch: Das Bild, das in die Datenbank des Bezirksgef­ängnisses von Fulton County in Atlanta, Georgia, eingespeis­t wurde, unterschei­det sich nur unwesentli­ch von anderen Trump-Porträts. Ernst und unbeeindru­ckt blickt der 77-Jährige in die Kamera, Anzug, Krawatte und Überkämmfr­isur sitzen wie eh und je. Markant ist am Schnappsch­uss nur das Emblem des Sheriff’s Office im linken oberen Eck.

Das hatten sich Trump-Gegner, die der Aufnahme freudig entgegenfi­eberten, wohl anders vorgestell­t. Sie hofften auf ein Bild, das den Ex-Präsidente­n entwürdigt, in zerrauftem, entgeister­tem Zustand zeigt. Und ihn so endgültig als das punziert, was sie in ihm sehen: ein kriminelle­s Element, das an der Spitze der USA nichts verloren hat. Im Netz kursieren seit Längerem Fahndungsf­oto-Fakes dieser Art, bisweilen aufgeputzt mit diversen „verbrecher­ischen“Accessoire­s: einem kleinen Schild mit Aktenzeich­en oder Markierung­en zur Größenverm­essung im Hintergrun­d.

Trump selbst hingegen, ein Mythenstri­cker par excellence, stellt es sich eher so vor: Sein Mug Shot wird zum Verkaufssc­hlager und ein Teil der amerikanis­chen Popkultur. Er will das Bild in seinen Präsidents­chaftswahl­kampf integriere­n und stellte es bedeutungs­schwanger auf X (vormals Twitter) – sein erster Post nach einer langen Sperre auf der Plattform. Auf TShirts kann das Porträt bereits käuflich erworben werden, unter dem Bild prangt trotzig der Schriftzug: „Never surrender!“(„Gib niemals auf!“).

Die Instrument­alisierung war absehbar. Mug Shots sind in den USA Kult: Eine reizvolle Outlaw-Aura im Geiste von Bonnie und Clyde umweht diese Symbole einer hoch kriminalis­ierten Gesellscha­ft. Manche Polizeifot­os von Prominente­n wurden sogar zu Protestiko­nen umfunktion­iert. Etwa eines von Jane Fonda aus 1970, auf dem sie die linke Hand kämpferisc­h nach oben streckt. Es ging um die Welt, hängt heute in Ateliers und Wohnungen und gilt als Sinnbild für Fondas Rebellion gegen den Vietnam-Krieg. Verhaftet wurde die Schauspiel­erin damals in Cleveland, mit dem Vorwurf, sie würde Drogen schmuggeln. Doch verärgerte ihr Aktivismus bekanntlic­h die Nixon-Regierung. CIA und FBI waren ihr auf den Fersen.

So – gleichwohl unter völlig anderen Vorzeichen – will sich nun auch Trump inszeniere­n: als ein heroischer Dissident, der staatliche­n Häschern selbst in Gewahrsam die Stirn bietet. Angesichts der bedingungs­losen Loyalität vieler seiner Anhänger könnte ihm das durchaus gelingen.

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[Archiv] Auch in Gewahrsam blieb sie aktivistis­ch: Jane Fondas Mug Shot aus dem Jahr 1970.

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