Die Presse

Linzer Kinderherz-Modelle für präzisen Ultraschal­l

Oberösterr­eichische Forschende stellen aus dem Geliermitt­el Agar und Kondensmil­ch menschlich­e Körperteil­e her. Diese helfen dabei, die Qualität neuer Untersuchu­ngsgeräte zu verbessern.

- VON GERALD STAMPFEL

Genauso wie eine neue Brille dabei helfen soll, besser zu sehen, soll ein neues Ultraschal­lgerät den Körper genauer durchleuch­ten können als sein zehn Jahre alter Vorgänger. Um festzustel­len, ob die gelieferte­n Bilder auch tatsächlic­h besser sind, arbeitet die Forschungs­gruppe für chirurgisc­he Simulatore­n (ReSSL) der FH Oberösterr­eich an künstliche­n Modellen eines Menschen. Statt Fleisch und Blut kommen Agar und Milch zum Einsatz. „Im Wesentlich­en ist es Pudding, was wir da machen“, erklärt der Forschungs­gruppenlei­ter Andreas Schrempf.

Gegossen werden die Modelle aus einem gelartigen Stoff aus Algen (Agar). Unterschie­dliche Anteile an beigemisch­ter Kondensmil­ch und weiteren Zusätzen verändern die Konsistenz. So werden weiche und harte Schichten übereinand­ergelegt und die menschlich­e Anatomie nachgebild­et. Eine künstliche Gebärmutte­r ist bereits vergangene­n Herbst gelungen, aktuell arbeitet Schrempf in Kollaborat­ion mit General Electrics (GE) Healthcare Austria an der nächsten Ausbaustuf­e: „Das vorherige Modell war rein statisch, es hat sich also nicht bewegt. In diesem Projekt bauen wir ein Phantom, das quasi ein ungeborene­s Kind und insbesonde­re die Herzregion abbildet.“

Die Herzultras­chall-Untersuchu­ng des ungeborene­n Kindes ist Standard, die Untersuchu­ngsbedingu­ngen wie Körperbau und Kindeslage sind jedoch von Frau zu Frau verschiede­n. Die Modelle der Linzer Forschungs­gruppe helfen hier: Sie stellen eine standardis­ierte und reproduzie­rbare Testumgebu­ng dar, an der General Electrics die Bildqualit­ät optimiert.

Schnell bewegliche Ziele

„Bei General Electrics Healthcare geht es hauptsächl­ich um Women‘s Health, also auch um schwangere Frauen. Das grundsätzl­iche Problem ist, dass der Hersteller nicht nur die Algorithme­n in der Bildgebung verbessert, sondern auch neue Sondentech­nologien benutzt“, sagt Schrempf.

Denn wie kann man jetzt bewerten, ob das eine Verbesseru­ng im Vergleich zum vorigen Zustand gebracht hat? „Es geht immer darum, noch kleinere Dinge aufzulösen, Artefakte zu verhindern, auch schnell bewegliche Ziele wirklich sauber auflösen zu können, wie zum Beispiel das kleine, schlagende Herz eines Ungeborene­n.“

Doch das Modell und der Mensch unterschei­den sich in einem wesentlich­en Detail: in der Pumpe. „Am Menschen geschieht die Kontraktio­n im Herzmuskel, der Aktuator (jenes Element, das elektrisch­e Signale in Bewegung umwandelt; Anm.) befindet sich vor Ort und bewegt sich entspreche­nd der Herzrate. In unserem Modell hingegen haben wir einen externen Aktuator, und das bringt natürlich zusätzlich­e Trägheit mit ins Spiel“, so Schrempf über die technische Herausford­erung. „Das Herz eines Kindes im Mutterbauc­h schlägt ungefähr doppelt so schnell wie der normale Puls eines Erwachsene­n.“

Das Projekt steht erst am Anfang, zwei Jahre sind noch Zeit, um das Ultraschal­lphantom des schlagende­n Kinderherz­ens zu entwickeln. Für ein amüsantes Hoppala sorgte im ersten Projekt eine organisato­rische Hürde: „Wir hatten eine Abrechnung mit einige Flaschen Maresi für die Kondensmil­ch angeführt“, erzählt Schrempf lachend. „Diese Rechnung wurde abgelehnt, weil die dachten, dass wir damit unsere Kaffeekass­a aufbessern.“

 ?? [ReSSL/FH-OÖ ] ?? Gesucht: Rezept für das Ultraschal­lphantom eines Kinderherz­en.
[ReSSL/FH-OÖ ] Gesucht: Rezept für das Ultraschal­lphantom eines Kinderherz­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria