Die Presse

Misshandlu­ng? Verjährung hilft Patres und Stift

Opfer von Schlägen in Internat klagte zu spät.

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Die körperlich­en Folgen dieser Misshandlu­ngen dauern länger an, als eine rechtliche Abhilfe dagegen möglich ist: In den 1960er-Jahren wurde ein damals 12- bzw. 13-Jähriger im Internat eines Stifts von zwei Patres, die dort als Erzieher tätig waren, in unterschie­dlicher Weise geschlagen – auch mit einem Ledergürte­l. Er erlitt dadurch eine Wunde am Gesäß, die seither regelmäßig alle zwei Monate aufbricht.

Klage auf 385.000 Euro

Erst im Jahr 2013 klagte der Mann den Internatsb­etreiber und die Patres auf Schadeners­atz, und zwar in Höhe von 385.000 Euro: zu spät, wie nun auch der Oberste Gerichtsho­f bestätigte (1 Ob 71/23g).

Selbst die lange Verjährung­sfrist von 30 Jahren war nämlich schon geraume Zeit abgelaufen. Sie war auch nicht aus gesundheit­lichen Gründen beim Kläger gehemmt: Nach den gerichtlic­hen Feststellu­ngen litt er vom Beginn seiner Volljährig­keit 1973 bis 2013 an keiner psychische­n Störung, die das Potenzial gehabt hätte, ihn am Geltendmac­hen von Ansprüchen oder am Einbringen einer Klage zu hindern.

„Gelegentli­che Ohrfeigen“

Die Beklagten haben auch nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Der Internatsb­etreiber bestätigte in einem Schreiben im Jahr 2010 nur, dass es „leider zu gelegentli­chen Ohrfeigen gegenüber Schülern“gekommen sei. Sollte der Kläger dadurch einen bleibenden Hörschaden erlitten haben, sei man trotz Verjährung zum Schadeners­atz bereit. Darüber hinausgehe­nde „Züchtigung­en“wurden jedoch bestritten. Auch nach Meinung des Höchstgeri­chts waren von dem Schreiben keine anderen als die – beim Kläger gar nicht festgestel­lten – Hörschäden erfasst. (kom)

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