Vom Waldorf Astoria bis Disney
Die USA bieten Reisenden eine Vielfalt an Landschaften und Attraktionen. Reedereien und Hotelkonzerne dominieren den Weltmarkt ebenso wie Autovermieter und Buchungsplattformen.
Wien. Einmal die Freiheitsstatue ganz aus der Nähe sehen, einmal am Empire State Building stehen, einmal Mickey Mouse in DisneyWorld persönlich die Hand schütteln, einmal in Hollywood auf dem Walk of Fame wandeln! Es gibt diese, aber noch Hunderte weitere Gründe, den USA einen Besuch abzustatten. Die größte Volkswirtschaft der Welt lockt nicht nur Firmengründer, Forscher und Geschäftsleute mit guten Arbeitsbedingungen an. Die Vereinigten Staaten bieten mit ihrer Größe und Vielfalt von ikonischen Städten, wie New York, Los Angeles und New Orleans, über Naturparks bis zu kilometerlangen Stränden und Gebirgslandschaften so gut wie alles, was das Herz Reisender begehrt.
Mit 22,1 Millionen ausländischen Gästen belegten die USA 2021 Platz sieben der beliebtesten Reisedestinationen weltweit. Wobei die von der Pandemie geprägte Zahl nicht annähernd die exzellenten Jahre zuvor widerspiegelt: 2018 und 2019 besuchten jeweils rund 166 Millionen Menschen die USA, wobei die Zahl der Amerikaner, die im eigenen Land herumreisen, jene der Ausländer weit übersteigt. Spätestens 2024 könnte Experten zufolge das Niveau der Gästezahlen vor Corona wieder erreicht werden.
Pandemie ist vorbei
Und damit sollten auch wieder die Kassen der Tourismusindustrie klingeln, nachdem die Einnahmen pandemiebedingt von 2019 auf 2021 von 214 auf 70,16 Milliarden Dollar abgesackt sind. Tourismus ist – abgesehen von Rückschlägen durch die Terroranschläge wie 9/11, Pandemien oder weltweite Wirtschaftskrisen – eine Wachstumsindustrie, die auch Anleger mit Kursgewinnen und Dividenden verwöhnt. Die USA profitieren nicht nur von ihrem vielfältigen Angebot an Attraktionen und Unterhaltungsmöglichkeiten, sondern auch von der guten Infrastruktur.
Ungeachtet des dichten Flugnetzes und der zunehmend attraktiven Bahnstrecken bleibt das Auto wichtigstes Reiseutensil. Es revolutionierte und demokratisierte Anfang des 20. Jahrhunderts das Reisen – billige Autos und bessere Straßen machten es möglich, das Land zu erkunden. Kein Wunder, dass die weltweit größten Leihwagenfirmen mit Enterprise, Avis, Budget und Hertz in den USA beheimatet sind. Sie haben bereits im Vorjahr mit kräftigen Umsatzsteigerungen die alte Größe nahezu erreicht.
Weltgrößte Hotelketten
Aber auch in der Hotellerie haben die USA globale „Weltmeister“hervorgebracht: An der Spitze steht Marriott: 20,8 Milliarden Dollar Umsatz, 6000 Hotels, 1,2 Millionen Betten in 122 Ländern – das ist kaum zu übertreffen. Der Konzern, zu dem außer der „Hausmarke“Marriott unter anderem auch RitzCarlton, Bulgari Hotels, Sheraton, Le Meridien und Westin gehören, konnte im Vorjahr den Nettogewinn mehr als verdoppeln. Der Aktienkurs legte um 30 Prozent zu.
Hilton mag zwar mit 8,8 Milliarden Dollar Umsatz dahinter liegen – der Nettogewinn hat sich aber verdreifacht. Das von Conrad Hilton 1919 gegründete Hotelimperium ist nicht nur wegen seiner exzentrischen Erbin Paris Hilton so bekannt. Zum luxuriösen Image hat vor allem das Waldorf Astoria in New York beigetragen, das gerade vom neuen Eigentümer, der chinesischen Anbang Insurance Group, komplett umgebaut wird.
Das 1931 eröffnete Hotel sah viele illustre Gäste, US-Präsidenten wie Eisenhower, Truman und Kennedy ebenso wie die Filmstars Marilyn Monroe und Grace Kelly. Paris Hilton, die Urenkelin des Gründers, wuchs im Hotel auf, denn die Familie hat dort eine Suite. Inzwischen gibt es 26 Waldorf-Hotels rund um den Globus, und zur Hilton-Group gehören auch Hotelmarken wie Conrad, DoubleTree und Hampton. Deutlich kleiner, aber mit der Marke Ramada auch international bekannt ist die Gruppe Wyndham Hotels & Resorts, die 2018 von der gleichnamigen Holding abgetrennt wurde.
Konkurrenz durch Plattformen
Das Start-up-Paradies USA bildete freilich auch den Nährboden für eine Idee, die zum Welterfolg wurde und den traditionellen Hotelunternehmen gehörig Konkurrenz macht : Airbnb, die Onlineplattform für Vermietung und Buchung von Appartements von der Stadtsuite bis zum Strandhaus. Nach dem Megaverlust von 4,6 Milliarden Dollar im ersten Coronajahr 2020 erwirtschaftete das 2008 von drei Studenten in San Francisco gegründete Unternehmen im Vorjahr erstmals einen Nettogewinn. Möglich machten das knapp 400 Millionen Übernachtungen. Das wegen der oft steuerfreien Vermietungen kritisierte Unternehmen hat mit 6,6 Millionen registrierten Nutzern einen Rekordwert erreicht.
Unterkunft, Leihwagen oder gleich die gesamte Reise: Immer mehr Menschen buchen direkt im Internet, wobei es länderspezifisch große Unterschiede gibt. Das hat Buchungsportale wie Booking.com und Expedia sowie TripAdvisor groß gemacht. Die Booking Holding, die bis 2018 unter dem Namen Priceline firmierte und mehrere Reiseplattformen anbietet, ist nach wie vor in Connecticut zu Hause. Die Buchungsplattform Booking.com, die ihren Sitz in den Niederlanden hat, ist mit 17,1 Milliarden Euro Umsatz weltweit die Nummer eins. Und der Vorsprung wächst weiter, was sich auch an der Kursentwicklung zeigt: Gute Quartalszahlen und eine angehobene Gewinnprognose haben die Aktie am 9. August auf ein All Time High von 3251 Dollar gehievt.
Harter Wettbewerb
Auch der deutlich kleinere Konkurrent Expedia ist US-amerikanisch, gegründet von Microsoft. 2012 verstärkte Expedia seine Aktivitäten in diesem Geschäft und sicherte sich die Mehrheit am deutschen Hotelvergleichs-Portal Trivago. Das zweite große Vergleichs- und Reiseplanungs-Portal TripAdvisor gehörte einige Jahre lang über die InterActiveCorp ebenfalls zu Expedia. 2011 wurde TripAdvisor abgespalten und notiert seither an der Nasdaq. Die Aktie hat zuletzt deutlich an Schwung verloren.
Aber nicht nur zu Lande geben die USA im Tourismus den Ton an: Auch die größten Kreuzfahrt-Reedereien haben ihren Sitz bzw. ihre Verwaltungszentralen in dem Land. Carnival, Royal Caribbean und Norwegian Cruise heißen die Top-drei-Konzerne, die zusammen drei Viertel aller Kreuzfahrer betreuen. Unter ihrem Dach gibt es etliche bekannte Marken: So gehört Aida ebenso zu Carnival wie Costa, Cunard mit dem Flaggschiff Queen Mary, Seaburn und die Holland America Line. Zur Royal Caribbean Group gehört wiederum zu 50 Prozent TUI Cruises („Mein Schiff“) und damit auch Hapag-Lloyd Cruises sowie die Marken Celebrity und Silversea. Der kleinste der Kreuzfahrtriesen ist Norwegian. Die Gesellschaft besitzt eine eigene Privatinsel in der Karibik vor Belize mit einem exklusiven Resort.
Nachhaltig reisen
Die Coronapandemie brachte der gesamten Touristikbranche schwere Einbußen. Airlines und Reedereien waren besonders betroffen und schrieben herbe Verluste. Im Gleichschritt ging es mit den Aktienkursen steil bergab. Die wieder erwachte Reiselust hat jedoch schon im Vorjahr zu einer Erholung geführt. Spätestens 2024 erwarten Experten eine Rückkehr in die Gewinnzone bzw. deutlich steigende Erträge.
Für die Reedereien bedeutet das aber auch, Umweltthemen verstärkt anzugehen. Es geht nicht nur um den CO2-Ausstoß, sondern auch um die Abwasseraufbereitung und Müllentsorgung sowie den Umgang mit Lebensmitteln. „Green Cruising“ist das Schlagwort, unter dem sich die Gesellschaften neu erfinden wollen. Mit der Aida Nova hat Carnival schon 2018 das erste Kreuzfahrtschiff, das mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben wird, in Dienst gestellt.