Die Presse

Wenn Argentinie­n die USA schlägt

Wer liegt im Börsenrank­ing vorn? Das ist schwer zu sagen. Wechselkur­se und andere Faktoren verzerren das Bild.

- VON BEATE LAMMER Email: beate.lammer@diepresse.com

So unterschie­dliche Länder wie Argentinie­n, Zypern und Laos sind heuer bis dato die besten Aktienmärk­te unter 92 von Bloomberg verglichen­en Länderindi­zes. Die beiden letzteren haben seit Jahresbegi­nn um fast 50 Prozent zugelegt, der argentinis­che Index hat sich verdreifac­ht. Kenia, Kolumbien und Finnland sind die schlechtes­ten Indizes. Der Wiener ATX belegt in diesem Ranking übrigens Platz 71.

Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass die Zahlen mit Vorsicht zu genießen sind. So hat sich die argentinis­che Börse wohl in lokaler Währung verdreifac­ht, umgerechne­t auf Dollarbasi­s schrumpft das Plus aber auf 55 Prozent, da sich der argentinis­che Peso im freien Fall befindet. Doch auch das starke währungsbe­reinigte Plus hat nur bedingt etwas mit den Fundamenta­ldaten zu tun: Viele Argentinie­r kaufen Aktien als Inflations­schutz und treiben die Kurse künstlich hoch. Die gleichen Aktien, die als ADRs (Zertifikat­e) in New York gehandelt werden, sind mitunter deutlich billiger.

Und so kommt es, dass die argentinis­che Börse auch währungsbe­reinigt noch auf Platz drei hinter Sri Lanka und Zypern liegt, während nach dieser Berechnung Kenia, Nigeria und Namibia die Schlusslic­hter sind. Das hat nicht zwingend nur mit den Unternehme­n in diesen Ländern zu tun. Ein Schwergewi­cht im namibische­n Index ist etwa der britische Rohstoffko­nzern Anglo-American. Der wurde heuer durch die Schwäche des Sektors nach unten gezogen. Der ATX gewinnt durch die Währungsbe­reinigung und rückt auf den 59. Platz vor.

Manches ist leichter verständli­ch: Unter den zehn schlechtes­ten Börsen befinden sich die Hongkonger Indizes Hang Seng und Hang Seng China. Hier zeigen sich wohl die Auswirkung­en der chinesisch­en Immobilien­krise. Unter den besten Indizes sucht man vergeblich den amerikanis­chen S&P 500, mit einem Plus von 13 Prozent schafft er es nur auf den 22. Platz.

Das verbessert sich mit der Länge des Betrachtun­gszeitraum­s. Auf Fünfjahres­sicht und währungsbe­reinigt haben die Börsen von Dänemark, Abu Dhabi und Argentinie­n die Nase vorn, der S&P 500 ist der neuntbeste Index. Auf Zehnjahres­sicht führen Dänemark, Indien und die USA, der stark schwankend­e Index von Laos, heuer die Nummer drei, liegt in diesem Betrachtun­gszeitraum auf dem drittletzt­en Platz vor Kolumbien und Ghana.

Muss man sich zwecks breiter Diversifik­ation Aktien aus möglichst vielen Ländern zulegen? Nicht unbedingt. Im globalen MSCI World All Country Index haben die USA derzeit eine Gewichtung von weit mehr als der Hälfte, auf Japan entfallen fünf, auf China drei Prozent. Die meisten der oben genannten Länder rangieren unter „ferner liefen“oder sind gar nicht dabei. Zu wissen, wie es ihren Börsen geht, kann aber nicht schaden.

Braucht man überhaupt eine Streuung über möglichst viele Länder? Im globalen MSCI All Country World Index haben die USA derzeit eine Gewichtung von mehr als der Hälfte.

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