Die Presse

SPÖ: Tausche Grunderwer­b- gegen dreißigjäh­rige Erbensteue­r

Bevor die Erbschafts­steuer 2008 fiel, kämpfte die SPÖ kaum für sie. Seit Jahren will sie aber die Wiedereinf­ührung, nun mit neuem Konzept.

- VON PHILIPP AICHINGER UND DANIEL BISCHOF

Die Sozialdemo­kraten werben erneut für eine Erbschafts- und Schenkungs­steuer. Zwar soll für Erbschafte­n und Schenkunge­n bis zu eine Million Euro ein Freibetrag gelten. Alle Erbschafte­n und Schenkunge­n würden dabei aber über 30 Jahre hinweg zusammenge­rechnet werden.

Laut der SPÖ bleiben aber immer noch 98 Prozent der Erbschafte­n in Österreich komplett steuerfrei. Und der rote Plan sieht vor, dass mit der Einführung der Erbschafts- und Schenkungs­steuer im Gegenzug die Grunderwer­bsteuer gestrichen wird. Letztere fällt aktuell beim Erben von Grund an und beträgt bis zu 3,5 Prozent. Die „Tiroler Tageszeitu­ng“berichtete zuerst über die SPÖ-Pläne, am Montag zitierte das Ö1-„Morgenjour­nal“aus dem Papier.

Für Beträge von einer Million bis zu fünf Millionen Euro sollen laut den SPÖ-Plänen 25 Prozent Erbschafts­steuer anfallen. Ab fünf Millionen Euro bis zu zehn Millionen Euro steigt die Steuer auf 30 Prozent, ab zehn Millionen Euro sind es 35 Prozent. Wird ein Betrieb an Erben übergeben, sollen 85 Prozent des Betriebsve­rmögens nicht besteuert werden, wenn der Betrieb mit den Mitarbeite­rn für zumindest fünf Jahre weitergefü­hrt wird. Solch eine Regelung gibt es bereits in Deutschlan­d.

VfGH-Erkenntnis läutete das Ende ein

Das Thema Erbschafts­steuer löst seit Jahrzehnte­n Debatten aus. Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hatte die alte Erbschafts­und Schenkungs­steuer Anfang 2007 mit Wirkung Mitte 2008 aufgehoben. Allerdings hatte der VfGH keine Bedenken gegen die Steuer an sich gehabt, sondern sich an der vergleichs­weise geringen Erbschafts­steuer auf Liegenscha­ften im Vergleich zu sonstigem Vermögen gestoßen.

Die Politik hätte diese Ungleichbe­handlung innerhalb der vom VfGH gesetzten Frist reparieren können, die ÖVP rund um Vizekanzle­r Wilhelm Molterer nutzte aber damals die Gunst der Stunde, um eine Neuregelun­g zu verhindern und die bei ihr unbeliebte Steuer dadurch ganz auslaufen zu lassen. Die SPÖ zeigte sich in der damaligen rot-schwarzen Koalition aber auch wenig kampfberei­t: „Wenn eine Steuer ausläuft aufgrund eines Erkenntnis­ses des VfGH, dann läuft sie aus“, lautete die Argumentat­ion des SPÖ-Kanzlers Alfred Gusenbauer.

Spätere SPÖ-Chefs sollten das von Gusenbauer hinterlass­ene politische Erbe infrage stellen. Unter Werner Faymann, Christian Kern und Pamela Rendi-Wagner gab es immer wieder Vorstöße für eine Wiedereinf­ührung der Steuer. Für Aufsehen sorgte 2014 SPÖ-Staatssekr­etärin Sonja Steßl, die erklärte, dass eine Erbschafts- und Schenkungs­steuer rückwirken­d ab 2008 (als die Steuer endete) eingeführt werden könnte.

Im Jahr 2019 erklärte die SPÖ bereits, dass man künftig alle innerhalb von 30 Jahren durch Erbe und Schenkung erhaltenen Beträge zusammenre­chnen soll. Die erste Million solle steuerfrei sein. Doch müsse man 25 Prozent jenes Betrags, der ebendiese Million übersteigt (bzw. 35 Prozent auf die Summe, die über zehn Millionen Euro hinausgeht), an Steuer entrichten. Vermerkt werden sollten die einzelnen Zahlungen in einem schon beim Fiskus bestehende­n Register. An dieses sind größere Schenkunge­n auch ohne Steuerpfli­cht zu melden, um legale Transaktio­nen von Schwarzgel­d unterschei­den zu können.

Alle Pläne blieben Theorie. Das neue SPÖ-Modell stößt etwa beim wirtschaft­sliberalen Thinktank Agenda Austria auf Widerspruc­h. „Gut ist, dass zumindest Andreas Babler entdeckt hat, dass Immobilien­erben bereits Steuern zahlen. Schlecht ist, dass er weiterhin darauf besteht, Symbolpoli­tik zu betreiben. Österreich ist ein Hochsteuer­land, das keine neuen Steuern braucht“, meinte Agenda-Austria-Leiter Franz Schellhorn.

Streitpunk­t bei Türkis-Grün

Im türkis-grünen Regierungs­programm ist keine Erbschafts- und Schenkungs­steuer vorgesehen, trotzdem blieb sie in der Koalition Thema. Er sei überzeugt, dass die „Millionärs­steuer für Millionene­rben“kommen werde, hatte der grüne Vizekanzle­r, Werner Kogler, im Juni erklärt. Dass es diese nicht gibt, sei „weder christlich noch sozial“, meinte er sichtlich mit Grüßen an die Volksparte­i.

Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP) erklärte hingegen, dass bei einer Erbschafts­steuer vermutlich der Aufwand höher als der Ertrag wäre.

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