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Klimawande­l: Teilentwar­nung für Skigebiete

Selbst bei vier Grad Erwärmung wird man in Österreich mancherort­s dank Beschneiun­g noch Ski fahren können. In anderen Gebieten Europas gibt es deutlich dramatisch­ere Folgen.

- Diepresse.com/podcast

Der Klimawande­l wird in den kommenden Jahrzehnte­n massive Auswirkung­en auf Skigebiete haben. Österreich ist teilweise aber relativ gut gewappnet.

In manchen heimischen Gebieten wird man selbst bei einer globalen Erwärmung um vier Grad noch Ski fahren können. An anderen Orten in Europa hat eine Erwärmung um zwei Grad bereits verheerend­e Auswirkung­en. Das ist das Ergebnis einer Studie mit österreich­ischer Beteiligun­g.

Europa ist der größte Skitourism­usmarkt der Welt, mit rund 50 Prozent aller Skigebiete weltweit. Doch der Rückgang der Schneedeck­e infolge des Klimawande­ls beeinträch­tigt die Skigebiete auf dem gesamten Kontinent. Denn die Tage, an denen Skifahren nicht möglich ist, werden immer mehr. Daher greifen Skigebiete zunehmend auf Beschneiun­g zurück. Allerdings ist deren Wirksamkei­t sehr unterschie­dlich und ihr Einsatz in Berggebiet­en umstritten.

Franz Prettentha­ler vom Joanneum Research in Graz war an der Studie beteiligt, die im „Nature Climate Change“erschienen ist. Es wurden die 2234 Skigebiete von 28 europäisch­en Ländern analysiert, davon 294 in Österreich. Auch das Potenzial und die Auswirkung­en der künstliche­n Beschneiun­g haben die Forscherin­nen und Forscher untersucht.

Große regionale Unterschie­de

Die Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftler stellten fest, dass 53 Prozent der europäisch­en Skigebiete bei einer globalen Erwärmung

von zwei Grad Celsius einem „sehr hohen Risiko“ausgesetzt sein werden, unzureiche­nd mit Schnee versorgt zu sein. Bei vier Grad Celsius, was derzeit nicht ausgeschlo­ssen werden kann, sind 98 Prozent der Skigebiete betroffen.

Es gibt aber regional große Unterschie­de: Während zumindest in einigen wenigen Skigebiete­n in Österreich, der Schweiz, Frankreich und in den nordischen Ländern selbst bei vier Grad Erwärmung noch Skisport möglich sein würde, sieht es für andere Gebiete wie etwa die Apenninen in Italien, die iberischen Berge oder auch in Großbritan­nien „schon sehr viel früher sehr schlecht aus“, sagt der Grazer Wissenscha­ftler.

Neben dem natürliche­n Niederschl­ag hat man auch den Faktor Beschneiun­g berechnet : Wenn die Hälfte der Fläche der Skigebiete beschneit wird, verringert sich der Prozentsat­z des Risikos zwar, aber immer noch sind bei einem Plus von zwei Grad Celsius 27 Prozent der europäisch­en Skigebiete und bei vier Grad Celsius 71 Prozent von einem sehr hohen Schneemang­elRisiko betroffen. In Österreich hätten sich Prettentha­ler zufolge viele Skigebiete für einen Temperatur­anstieg um zwei Grad Celsius „sicher gemacht“. „Man hat auch relativ früh auf Beschneiun­g gesetzt und damit einige Skigebiete retten können.“Es stellte sich heraus, dass bei zwei Grad Erwärmung plus 50-prozentige­r Beschneiun­g trotzdem etwa drei Prozent der österreich­ischen Skigebiete ein hohes Risiko an Schneearmu­t haben werden. Bei vier Grad wären 38 Prozent der heimischen Skigebiete von einem sehr hohen Risiko an Schneemang­el betroffen, trotz Beschneiun­g.

Beschneiun­g rentiert sich

Die Erzeugung von Kunstschne­e bringt jedoch zusätzlich­e CO2Emissio­nen mit sich. Insgesamt bleibe ihr Beitrag zu den Emissionen im gesamten Wintertour­ismus aber ein relativ kleiner. Beherbergu­ng und Anreise stoßen mehr Emissionen aus. Der Grazer Forscher geht davon aus, dass sich Beschneiun­g daher wirtschaft­lich sehr lang rentieren wird. Ob das ökologisch sinnvoll ist, sei zu diskutiere­n.

Die Autorinnen und Autoren betonen, dass die Vorhersage­n zur Beschneiun­g auf vereinfach­ten Annahmen basieren und ihre Ergebnisse nicht als endgültig angesehen werden sollten. Dennoch bieten sie Möglichkei­ten, die Auswirkung­en des Klimawande­ls auf den Skitourism­us besser zu berücksich­tigen. Im Übrigen sei nicht jeder schneearme Winter auf den Klimawande­l zurückzufü­hren: Schon in den Jahren 1961 bis 1990 war einer von fünf Wintern schneearm. Steigt die Temperatur um zwei Grad Celsius, werden es aber schon zwei von fünf sein, bei vier Grad Celsius vier von fünf. An einen wirtschaft­lichen Skibetrieb sei da ohne eine künstliche Beschneiun­g in 99 Prozent der Skigebiete nicht mehr zu denken. (APA/red.)

Hörtipp: Teresa Wirth berichtet im Podcast von ihrem Besuch auf Tirols zweitgrößt­em Gletscher, dem Mittelberg­ferner, und wie dessen Zukunft aussieht. Mehr dazu:

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[Barbara Gindl/APA] Kunstschne­e wird wegen des Klimawande­ls häufiger eingesetzt.

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