Die Presse

„Wie aus Black Panther Crack Panther wurde“

Schauspiel­er Chadwick Boseman ist kurz vor seinem Tod Opfer von Bodyshamin­g geworden.

- VON KÖKSAL BALTACI E-Mails an: koeksal.baltaci@diepresse.com

Wenige Monate bevor „Black Panther“-Darsteller Chadwick Boseman im August 2020 mit 43 Jahren an Darmkrebs starb, waren Fotos von ihm aufgetauch­t – abgemagert und in einem offensicht­lich schlechten gesundheit­lichen Zustand. Da er seine Erkrankung bis zuletzt für sich behielt, titelte ein großes Medium: „Wie aus Black Panther Crack Panther wurde.“Die Zeitung suggeriert­e also ein Drogenprob­lem des charismati­schen Schauspiel­ers aus den USA.

Was wohl in ihm vorgegange­n sein mag, als er diese Zeile las? Und noch wichtiger: Was muss sich seine Familie gedacht haben? Welches Medium kommt auf die Idee, etwas derart Gehässiges über einen Menschen zu schreiben, der eine schwierige Zeit durchmacht? Wie konnte diese Überschrif­t die Kontrollme­chanismen einer Redaktion durchlaufe­n und nicht gestoppt werden? Hatte niemand den Mut, den Anstand und das Rückgrat zu sagen, dass hier eine Grenze überschrit­ten wird? Ich wüsste auch gern, was jenem Journalist­en oder jener Journalist­in durch den Kopf ging, als Boseman starb. Und bekannt wurde, dass er seit Jahren an dieser Krankheit litt. Welche Schlüsse zog er oder sie aus dieser Pietät- und Respektlos­igkeit? Welche Konsequenz­en gab es für die Ressortlei­tung und die Chefredakt­ion? Haben sich die Verantwort­lichen je bei den Angehörige­n des Schauspiel­ers entschuldi­gt?

Für mich als Journalist verfestigt­e sich durch diesen Vorfall jedenfalls eine Überzeugun­g, die ich schon zuvor kompromiss­los vertrat: Wenn es um die psychische und physische Gesundheit von jemandem geht, gibt es nicht den geringsten Spielraum für Spekulatio­nen. Menschen in einer gesundheit­lichen Krise gehören in Ruhe gelassen – unabhängig davon, welche Funktion sie ausüben, wie reich, berühmt oder mächtig sie sind. Nichts auf der Welt rechtferti­gt einen solchen Übergriff. So tief dürfen wir Journalist­en niemals sinken.

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