Harry Kanes Aura und die spezielle Bayern-Chemie
Doppelpack nach „verrückten Wochen“– München liegt Harry Kane zu Füßen.
Ist er die rund 100 Millionen Euro wert, die der FC Bayern für ihn an Tottenham überwiesen hat? In München pokerten die Vereinsverantwortlichen mit Harry Kane so hoch wie noch nie. Bisher ging die Rechnung voll auf. Nicht zuletzt aus Marketing-Sicht. So sprengte der Verkauf der Trikots mit der Nummer neun nach Bekanntgabe des Transfers (12. August) alle bisherigen Rekorde in München: „In einer Woche wurden an die 50.000 Kane-Trikots verkauft, am ersten Tag nach seiner Verpflichtung fast 15.000. In unseren Fanshops haben wir gleich am ersten Tag insgesamt rund eine Million Euro Umsatz gemacht”, sagte Uli Hoeneß, Aufsichtsratsmitglied und Ehrenpräsident des Klubs, gegenüber der „Welt“.
Doch auch in sportlicher Hinsicht erwies sich Kane sofort als Goldgriff. Nach je einem Treffer und Assist zum Bundesliga-Auftakt gegen Bremen (4:0) legte der 30jährige Engländer in seinem zweiten Spiel am Sonntag gleich mit einem Doppelpack gegen Augsburg (3:1) nach. München liegt ihm schon jetzt zu Füßen. „Es war ein besonderes Gefühl. Ich weiß es zu schätzen, wenn ihr meinen Namen im Stadion singt“, richtete sich Kane unmittelbar nach dem zweiten Saisonsieg auf Instagram an die
Fans. Der Brite gibt sich nahbar und lebt schon jetzt das „Mia san Mia.“
Verantwortung und Hilfe
Das Zusammenspiel mit seinen neuen Teamkollegen entwickelt sich ebenso prächtig – und schnell. „Ich liebe die Chemie in der Mannschaft, wir wachsen mehr und mehr zusammen. An jedem Tag, in jedem Training, in jedem Spiel lernen wir mehr über uns“, sagte Kane. Joshua Kimmich glaubt, dass Kane der gesamten Münchner Offensivabteilung einen Schub geben wird. „Ich denke, dass er unseren Außenspielern guttun wird, weil die den ein oder anderen Raum mehr bekommen werden, weil die Verteidiger sich auf Harry fokussieren werden“, sagte der
Deutsche und fügte an: „Wir merken schon, dass er Verantwortung übernehmen möchte und wie sehr er unserem Spiel helfen möchte.“
Kane wird von Leroy Sané, Serge Gnabry und Co. schon gesucht – aber noch nicht genug. „Wir werden ihn noch mehr finden“, versprach Trainer Thomas Tuchel in der Sendung „Blickpunkt Sport“und lobte den Stürmerstar von der Insel: „Harry ist kein Lautsprecher, du spürst aber einfach, dass der Mix außergewöhnlich ist, seine Persönlichkeit, seine Bescheidenheit, seine Qualität.“
Dennoch: Sowohl Kane als auch Tuchel orteten noch generelles Steigerungspotenzial. Als „wieder etwas verkrampft, stockend, nicht frei genug“, empfand der Trainer sein Team gegen Augsburg. „Wir wirken gehemmt zu Hause.“Als Blockadelöser haben die Münchner Kane verpflichtet. „Er ist ein Weltklassefußballer, ein großartiger Typ, macht richtig was her“, lobte Mittelfeldspieler Leon Goretzka den Angreifer. „Man merkt gleich seine Aura in der Kabine.“
Wobei die Anfangszeit mit zahlreichen Marketingterminen, Interviews und der Geburt seines vierten Kindes auch Spuren bei Kane hinterlassen hat. „Es liegen verrückte und aufregende Wochen hinter mir“, sagte er am Sonntag geschafft. Umso mehr freut er sich auf private Normalität, wenn seine Familie in den kommenden Wochen aus London ins gemeinsame Haus nach München umzieht. „Es wird toll, mit ihnen hier zu sein“, sagte der Kapitän der englischen Nationalmannschaft.