Wer von der Inflation profitiert
Die Inflationsrate lag in Österreich zuletzt bei sieben Prozent. Grund genug, um eine Sondersitzung des Nationalrats auszurufen. Doch wem schadet und wem nützt die hohe Inflation?
Wien. Sieben Prozent betrug die Teuerung im Juli in Österreich. Die Inflation geht zwar zurück, die Preise steigen aber immer noch stark. Die Belastung für viele Menschen bleibt hoch. Es ist daher nicht verwunderlich, dass 69 Prozent der Bevölkerung in einer aktuellen Imas-Umfrage angeben, von der Teuerung „hart getroffen“zu werden. Auch die Politik widmet sich der Causa prima nun in einer Sondersitzung des Nationalrats. Für die „Presse“ein Anlass, sich die Gewinner und die Verlierer der Inflation anzusehen.
Die Bevölkerung
Größter Verlierer einer hohen Inflation ist die Bevölkerung. Die Teuerung schwächt die Kaufkraft jener, die laufende Einkommen oder Pensionen beziehen. Aber: „Innerhalb der Bevölkerung gilt es jedenfalls zu differenzieren“, sagt Wifo-Ökonom Josef Baumgartner. Wie stark die Inflation den Einzelnen belastet, hängt nämlich nicht nur vom Konsumverhalten, sondern auch von der Einkommensklasse ab. Da Haushalte mit niedrigeren Einkommen einen verhältnismäßig größeren Anteil für notwendige Güter wie Miete, Energie oder Nahrungsmittel aufwenden müssen, werden sie von Preissteigerungen stärker in Mitleidenschaft gezogen. „Ein Haushalt mit wenig Einkommen, einer Ölheizung und zwei Fahrzeugen wurde massiv von der Inflation getroffen“, sagt Baumgartner. Selbst wenn es Ausgleichszahlungen des Staats gab, waren sie für diese Gruppe wahrscheinlich nicht ausreichend. Wer hingegen gut an den öffentlichen Verkehr angebunden ist und sich mittels Wärmepumpe versorgen konnte, litt weniger unter Energiepreissteigerungen. „Es ist schwierig, alle über einen Kamm zu scheren“, sagt Baumgartner.
Die Sparer
Auch die Bezieher hoher Einkommen zählen zu den Inflationsverlierern, da ihre Kaufkraft ebenfalls schwindet. Allerdings kann diese Gruppe die Mehrbelastung viel stärker aus eigenen Ressourcen stemmen, ohne etwas an der Konsumstruktur ändern zu müssen. Schlicht und ergreifend deshalb, weil dieser Teil der Bevölkerung die Möglichkeit hat zu sparen. Und nun einfach „entspart“, also das Ersparte der vergangenen Jahre aufbraucht, um das tägliche Leben zu finanzieren.
Sparer zählen klassischerweise zu den Inflationsverlierern. Zu Jahresbeginn lag die
AUF EINEN BLICK
Der Nationalrat befasst sich auf Wunsch von SPÖ und FPÖ am Mittwoch in einer Sondersitzung mit dem Thema Teuerung. Die Inflationsrate lag in Österreich im Juli bei sieben Prozent und damit deutlich über dem Schnitt der Eurozone (5,3 Prozent). Am Donnerstag werden die Inflationszahlen für August im Rahmen der Schnellschätzung der Statistik Austria veröffentlicht. Eine hohe Inflation trifft Konsumenten und Sparer. Hingegen profitieren Kreditnehmer. Auch dem Staat hilft die Inflation, Schulden abzutragen.
Teuerung noch bei rund elf Prozent, die Sparzinsen pendelten zu dieser Zeit aber eher im Bereich von einem Prozent.
Inzwischen hat sich die Lage schon etwas verbessert, weil die Banken die höheren Zinsen an ihre Kunden weitergeben – wenn auch nur sehr langsam und nicht im vollen Ausmaß. Wer Glück hat, bekommt für täglich fälliges Geld knapp drei Prozent Zinsen. Allerdings handelt es sich hier nicht um breitflächige Angebote. Bei einer Inflationsrate von sieben Prozent bleibt aber selbst bei Zinsen von zwei oder drei Prozent ein realer Verlust
übrig. Im Vorjahr war die Situation noch extremer. Da lag die Inflationsrate im Jahresschnitt bei 8,6 Prozent, die Sparzinsen lagen jedoch eher bei null Prozent. Zählt man nun das vergangene und das laufende Jahr zusammen, summierte sich die Inflation auf 16 Prozent. Bei Spareinlagen von rund 300 Milliarden Euro ergibt sich folglich ein reales Minus von rund 45 Milliarden Euro. Aber: In Österreich war das eigentlich nie anders. Negative Realzinsen sind seit den 1950er-Jahren die Norm.
Die Schuldner und der Staat
Dafür haben es Schuldner in inflationären Zeiten gut, vor allem, wenn es sich um fix verzinste Schulden handelt, bei denen Kreditraten gleich bleiben. Bei variablen Krediten fällt durch die höheren Zinsen allerdings eine stärkere monatliche Belastung an. Der Realwert der Verschuldung wird bei einer hohen Inflation dennoch geringer. Auch dem Staat kann die Inflation helfen, Schulden abzutragen. Dem Finanzminister kommen zugleich Mehreinnahmen im Bereich der Umsatzsteuer sowie der Einkommensteuern zugute.
Allerdings sind auch die Ausgaben der öffentlichen Hand durch die Inflation gestiegen. Ab Jänner 2023 werden durch die Abschaffung der kalten Progression dauerhaft Einnahmen wegfallen, gleichzeitig wurden Sozialleistungen indexiert, was die Ausgaben steigen lässt. Hinzu kommt, dass auch die Zinsbelastung für den Staat schon ab dem laufenden Jahr zunehmen wird, weil eine günstige Refinanzierung auf den Kapitalmärkten
durch die gestiegenen Zinsen nicht mehr möglich ist. Heuer wendet der Bund 8,7 Milliarden Euro auf, um die Zinsen für seine Schulden zu bezahlen. Das ist doppelt so viel wie im Vorjahr.
Positiv hingegen ist, dass die Staatsschuldenquote bis 2024 auf 74 Prozent sinken dürfte, nachdem sie 2021 noch 82 Prozent betragen hat. Grund dafür ist, dass auch das nominelle Bruttoinlandsprodukt durch die hohe Inflation zulegen wird. Zwar werde der Staat heuer durch steigende Umsatz- und Lohnsteuereinnahmen noch gut davonkommen, sagt Ökonom Baumgartner. Aber in den Folgejahren wird die Situation zunehmend schwieriger.
Ein weiterer Faktor: Der Bund hat vorerst bis Ende Juni 2024 einen Gebührenstopp verhängt. Die Kosten für die Ausstellung eines Führerscheins, eines Reisepasses oder auch die Eheschließung bleiben also weiterhin auf dem Niveau von 2011. Aber: Wird die Gebührenbremse auch auf Länder und Gemeinden ausgeweitet, könnte das Kommunen durchaus in Bedrängnis bringen, so Baumgartner. Denn diese haben außer der Kommunalabgabe keine weiteren Einnahmen. Hier müsste dann der Bund unterstützend eingreifen.
Zweifelsohne Profiteur der hohen Inflation sind Arbeiter- und Wirtschaftskammer, da es dort Pflichtbeiträge gibt, die sich bei der Arbeiterkammer etwa am Bruttoein