Rückzug aus Niger ist für Frankreich ein No-Go
Präsident Macron zeigte sich verärgert über die Position der Alliierten, insbesondere Deutschlands, gegenüber der Militärjunta. Auch in der Energiepolitik driften die Positionen zwischen EU-Mächten auseinander.
Das jährliche Treffen der französischen Botschafter in Paris ist eine Gelegenheit für den Staatschef, über den Stand der Außenpolitik zu informieren. Dass sich dabei Emmanuel Macron auch kritisch zur Position von Alliierten oder ihrer ungenügenden Unterstützung für Frankreichs diplomatische Initiativen äußert, ist nicht ungewöhnlich. Besonders ärgerte sich Macron aber über die Differenzen mit Deutschland in Sachen Atomenergie und speziell zur Situation in Niger seit dem Putsch.
Frankreich will, im Unterschied zu seinen Alliierten, in Niger unnachgiebig bleiben. Eine De-factoAnerkennung der Militärs, die am 26. Juli den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum gestürzt hatten, schloss Macron in seiner Rede vor den in Paris versammelten Diplomaten kategorisch aus: „Unsere Politik ist simpel. Wir anerkennen die Putschisten nicht. Wir unterstützen weiterhin einen Präsidenten, der nicht auf sein Amt verzichtet hat. Auch unterstützen wir eine diplomatische Lösung der Ecowas (Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten) und oder eine militärische, wenn diese beschlossen wird.“
Dominoeffekt in Westafrika?
Ganz offensichtlich befürchtet Macron einen Dominoeffekt in den ehemaligen Kolonien Westafrikas, wo die antifranzösische Stimmung weiterhin wächst. Er ermuntert die Regierungen der westafrikanischen Staaten, im eigenen Interesse ihrer Macht ebenso unnachgiebig zu bleiben wie Paris: „Ich richte meinen Appell an das Verantwortungsbewusstsein aller Staaten der Region. Denn eines ist klar: Wenn die Ecowas den Präsidenten Bazoum fallen lässt, können sich alle Präsidenten der Region vorstellen, welches Schicksal sie erwartet.“
Innerhalb der westafrikanischen Staatengemeinschaft herrscht aber Uneinigkeit. Nur sechs Länder (Benin, Côte d‘Ivoire, Ghana, Guinea-Bissau, Nigeria und Senegal) wären bisher bereit, eventuell sich mit Truppen an einer militärischen Aktion gegen die Putschisten in Niger zur Befreiung von Bazoum, der im Präsidentenpalast verschanzt bleibt, zu beteiligen. Die Skepsis der übrigen Staaten und auch der meisten westlichen Alliierten, namentlich in Europa, schwächt die Glaubwürdigkeit der Ecowas-Drohung mit einer Intervention und isoliert auch die französische Haltung.
Paris will auf keinerlei Forderungen der von General Tchiani angeführten Militärs eingehen. Diese hatten am Freitag mit einem Ultimatum die Abreise des französischen Botschafters Sylvain Itté innerhalb von bloß zwei Tagen verlangt. Itté ist weiterhin in der Botschaft in Niamey, wo regelmäßig mit „Nieder mit Frankreich“Rufen demonstriert und der Abzug der französischen Truppen gefordert wird. In Paris wurde dementiert, dass die in einen Bunker verwandelte Botschaft von der Stromund Wasserversorgung abgeschnitten worden sei. Gegenwärtig befinden sich weiterhin rund 1500 französische Militärs, in der Hauptsache auf einer Basis beim Flughafen der nigrischen Hauptstadt, im Land. Macron schließt einen Abzug dieser Militärs aus Niger aus.
In Atompolitik auf „Holzweg“
Macron ärgerte sich nicht nur in der Außenpolitik über Berlin. Auch in der Energiepolitik driften die beiden Partner auseinander. Der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie ist für ihn ein Holzweg. Frankreich setzt im Gegenteil auf den Bau neuer Reaktoren und will die Betriebsdauer der bereits alten AKW zusätzlich verlängern. Für Macron steht darum die massive Investition in die Atomenergie im Zentrum der Strommarktreform. Er plädiert für eine „Renaissance der Atomenergie“. Es sei „ein historischer Fehler, sich die Kernenergie vorzuenthalten“, meinte Macron ungehalten.