Die russische Propagandamaschine in Serbien
Regierungsmedien des EU-Anwärters Serbien verbreiten russische Narrative in der ganzen Region. Weite Teile der Bevölkerung würden dadurch manipuliert, warnt eine neue Studie.
Zumindest beim EU-Anwärter Serbien stoßen Russlands Propaganda-Anstrengungen nicht auf taube Ohren. Das geht aus einer Studie der deutschen FriedrichNaumann-Stiftung hervor: Mit dem Segen der Regierung werden die Botschaften der russischen Regierungssender Sputnik und RT von Serbiens Regierungsmedien fast wortgetreu übernommen – und verbreitet.
In der Erklärungsnot schlüpft Serbiens dünnhäutiger Präsident, Aleksandar Vučić, wieder einmal in die Opferrolle. Der populistische Politiker beklagt eine „organisierte Kampagne“, weil sich in der Weltpresse die lästigen Berichte über Belgrads Kuschelkurs mit Moskau, die Verbindungen zur Halbwelt und die autoritären Tendenzen beim EU-Anwärter mehren. Er rechne mit „schwerstem Druck“zur Übernahme der RusslandSanktionen: „Sie wollen mich isolieren.“ Das „Narrativ“der westlichen Berichte sei immer dasselbe, „als ob alle aus einer Feder stammten“, entrüstet sich auch das Webportal RT-Balkan, der serbische Ableger des russischen Staatssenders RT: Für den Westen sei Aleksandar Vučić „ein Diktator, und Serbien sei das Trojanische Pferd Russlands“, dessen Dominanz es zu „brechen“gelte.
EU-Kritik trotz üppiger Hilfen
Obwohl das Land in den letzten zwei Jahrzehnten von Brüssel bereits mehr als drei Milliarden Euro nicht rückzahlbarer Hilfen erhalten hat und die EU-Staaten mit Abstand der größte Investor des Balkanstaats sind, schlagen nicht nur Serbiens Würdenträger, sondern auch die regierungsnahen Medien gezielt EU-skeptische Töne an.
Der „giftige Einfluss der KremlPropaganda“auf dem Westbalkan ist laut Studienautor Thomas Brey bei der Wahrnehmung des russischen Angriffskriegs in der Ukraine keineswegs zu unterschätzen. Als „Verstärker russophiler Denkgebäude“bezeichnet er die von Serbiens Führung weitgehend kontrollierten Medien des Landes. Deren Berichterstattung beeinflusse auch die öffentliche Wahrnehmung in Montenegro und in Bosnien und Herzegowina: „Weite Teile der Bevölkerung werden durch diese allgegenwärtigen Medienkanäle manipuliert und ihre Einstellungen gegenüber dem Westen und Russland gefestigt.“
Laut eigenen Angaben wird der serbische Sputnik-Ableger von anderen serbischen Medien angeblich 200 bis 300 Mal pro Tag zitiert. Serbiens Führung scheint dessen Anstrengungen zu schätzen: Beim fünfjährigen Betriebsjubiläum von Sputnik Srbija im Februar 2020 war Vučić als Ehrengast geladen.
Wegen dessen Kriegspropaganda verhängte die EU im März 2022 ein Sendeverbot gegen RT. Acht Monate später erteilte der EU-Anwärter Serbien nach Sputnik auch noch dem serbischen RT-Ableger eine Betriebsgenehmigung. Serbien
sei eine „Oase der Medienfreiheit“, jubelte Chefredakteurin Ljubinka Milinčić zum Sendestart im Herbst 2022.
Ihre Schwerpunkte legen die Serbien-Ableger der russischen Staatsmedien auf die Glorifizierung von Russland, dessen enge Beziehungen zu Belgrad und die Verteufelung der USA und der EU, analysiert Studienautor Brey. Vor allem regierungsnahe Boulevardblätter greifen gern auf Moskaus in der Landessprache verbreitete Propagandabotschaften zurück.
Viele Verschwörungstheorien
„Die Ukraine hat Russland angegriffen!“, titelte das regierungsnahe Schmuddelblatt „Informer“nach Kriegsausbruch im Februar 2022. Auch die angeblichen Schuldigen am Tod von Söldnerchef Jewgenij Prigoschin bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz haben Moskaus Propagandawerkzeuge bereits ausgemacht. „Haben die Amis Prigoschin in die Luft gesprengt?“, fragte der „Informer“.