Die Presse

„Größere Entschloss­enheit nötig“

Lob und Tadel verteilen österreich­ische Klimawisse­nschaftler, die am Mittwoch ihre Stellungna­hme zum Energie- und Klimaplan veröffentl­ichen.

- VON MICHAEL LOHMEYER

Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) Österreich­s gibt der österreich­ischen Klimawisse­nschaft Anlass für Lob, aber auch Kritik. Infrastruk­tur-, Umwelt- und Klimaschut­zministeri­n Leonore Gewessler (Grüne) hat vor gut acht Wochen einen Entwurf des NEKP präsentier­t und damit eine Begutachtu­ng gestartet, die am Mittwoch zu Ende geht. Rechtzeiti­g vor Annahmesch­luss meldet sich das Climate Change Centre Austria (CCCA) mit einem umfassende­n Statement zu Wort. Es ist die fundiertes­te Stellungna­hme zu diesem Thema. Verfasst wurde sie von 49 Wissenscha­ftlern; Hauptautor­en sind Karl Steininger, Helga KrompKolb, Keywan Riahi, Sigrid Stangl, Gottfried Kirchengas­t und Claudia Michl.

„Die aktualisie­rte Version des NEKP markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist größere Entschloss­enheit erforderli­ch, um den Herausford­erungen des Klimawande­ls gerecht zu werden“, sagt Karl Steininger (Uni Graz). Sigrid Stagl (WU Wien) verdeutlic­ht, was damit konkret gemeint ist: „Die gegenwärti­gen Strukturen machen ein klimafreun­dliches Leben fast unmöglich; dies lässt sich aber nicht durch technologi­sche Innovation allein lösen.“

„Wirtschaft­sstandort sichern“

Und Gottfried Kirchengas­t (Uni Graz): „Im vorliegend­en Entwurf bleiben die Umsetzungs­wege zu wichtigen Zielen offen, etwa für den verstärkte­n Aufbau von nachhaltig­er Kohlenstof­fspeicheru­ng in der Land- und Forstwirts­chaft.“Um die Ziele des NEKP bis zum Jahr 2030 und die Klimaneutr­alität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, müsse „ein wirksames Zusammensp­iel von kurzfristi­gen Maßnahmen und langfristi­ger Transforma­tion umgesetzt werden“. Helga Kromp-Kolb (Boku) meint, dass „der Entwurf Details zum Umsetzungs- und Monitoring-Prozess schuldig“bleibe, obwohl es dafür gute Beispiele gebe.

Konkret fordert die klimawisse­nschaftlic­he Community, dass der Preis für eine Tonne CO2 bis 2030 auf 130 Euro erhöht und klimaschäd­liche Subvention­en abgeschaff­t würden. Außerdem sollten die Tempolimit­s auf 80/100 gesenkt und eine Verpflicht­ung, Energie zu sparen, verordnet werden. Unter anderem sollten langlebige holzbasier­te Produkte gefördert und ein Monitoring der Treibhausg­ase der Abfall- und Kreislaufw­irtschaft umgesetzt werden.

Keywan Riahi (IIASA und einer der Lead-Autoren des IPCC-Berichts) meint abschließe­nd: „Österreich muss auch seiner internatio­nalen Verantwort­ung nachkommen. Fairness gegenüber Ländern des globalen Südens sichert auch den österreich­ischen Wirtschaft­sstandort. Ein ambitionie­rter NEKP und ein starkes Klimaschut­zgesetz sind nicht optional, sondern eine Notwendigk­eit, um ein gutes Leben für alle zu ermögliche­n.“

Der NEKP ist für die heimische Klimapolit­ik nötig und außerdem Vorgabe an die EU-Mitgliedsl­änder.

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