„Größere Entschlossenheit nötig“
Lob und Tadel verteilen österreichische Klimawissenschaftler, die am Mittwoch ihre Stellungnahme zum Energie- und Klimaplan veröffentlichen.
Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) Österreichs gibt der österreichischen Klimawissenschaft Anlass für Lob, aber auch Kritik. Infrastruktur-, Umwelt- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat vor gut acht Wochen einen Entwurf des NEKP präsentiert und damit eine Begutachtung gestartet, die am Mittwoch zu Ende geht. Rechtzeitig vor Annahmeschluss meldet sich das Climate Change Centre Austria (CCCA) mit einem umfassenden Statement zu Wort. Es ist die fundierteste Stellungnahme zu diesem Thema. Verfasst wurde sie von 49 Wissenschaftlern; Hauptautoren sind Karl Steininger, Helga KrompKolb, Keywan Riahi, Sigrid Stangl, Gottfried Kirchengast und Claudia Michl.
„Die aktualisierte Version des NEKP markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung, jedoch ist größere Entschlossenheit erforderlich, um den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden“, sagt Karl Steininger (Uni Graz). Sigrid Stagl (WU Wien) verdeutlicht, was damit konkret gemeint ist: „Die gegenwärtigen Strukturen machen ein klimafreundliches Leben fast unmöglich; dies lässt sich aber nicht durch technologische Innovation allein lösen.“
„Wirtschaftsstandort sichern“
Und Gottfried Kirchengast (Uni Graz): „Im vorliegenden Entwurf bleiben die Umsetzungswege zu wichtigen Zielen offen, etwa für den verstärkten Aufbau von nachhaltiger Kohlenstoffspeicherung in der Land- und Forstwirtschaft.“Um die Ziele des NEKP bis zum Jahr 2030 und die Klimaneutralität bis zum Jahr 2040 zu erreichen, müsse „ein wirksames Zusammenspiel von kurzfristigen Maßnahmen und langfristiger Transformation umgesetzt werden“. Helga Kromp-Kolb (Boku) meint, dass „der Entwurf Details zum Umsetzungs- und Monitoring-Prozess schuldig“bleibe, obwohl es dafür gute Beispiele gebe.
Konkret fordert die klimawissenschaftliche Community, dass der Preis für eine Tonne CO2 bis 2030 auf 130 Euro erhöht und klimaschädliche Subventionen abgeschafft würden. Außerdem sollten die Tempolimits auf 80/100 gesenkt und eine Verpflichtung, Energie zu sparen, verordnet werden. Unter anderem sollten langlebige holzbasierte Produkte gefördert und ein Monitoring der Treibhausgase der Abfall- und Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden.
Keywan Riahi (IIASA und einer der Lead-Autoren des IPCC-Berichts) meint abschließend: „Österreich muss auch seiner internationalen Verantwortung nachkommen. Fairness gegenüber Ländern des globalen Südens sichert auch den österreichischen Wirtschaftsstandort. Ein ambitionierter NEKP und ein starkes Klimaschutzgesetz sind nicht optional, sondern eine Notwendigkeit, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.“
Der NEKP ist für die heimische Klimapolitik nötig und außerdem Vorgabe an die EU-Mitgliedsländer.