Die Presse

Supraleitu­ng: Doch keine Sensation

-

ren Abstand dürfte eine Rolle spielen, viel mehr können auch Experten nicht sagen.

Die Hoffnung, doch mehr sagen zu können, beherrscht­e in den Neunzigerj­ahren die Festkörper­physik. Auch in Österreich. Böse Zungen munkelten: Ein Förderungs­antrag beim FWF hätte mehr Chancen, wenn das Wort Supraleitu­ng vorkomme, egal wie weit entfernt von dieser das tatsächlic­he Thema sei. Dieser Hype ist über die Jahre verblasst, flackert nur dann und wann auf, wenn wieder einmal ein Forscherte­am behauptet, endlich der Supraleitu­ng bei Raumtemper­atur nahe zu sein. Selten passiert das allerdings so unverschäm­t.

Die Unverschäm­theit des Teams um Lee und Kim weckte denn auch alte Reflexe. Auch in Österreich. In einer Presseauss­endung der TU Wien hieß es, sofort gestartete Computersi­mulationen von LK-99 am Institut für Festkörper­physik hätten ergeben, dass die berechnete­n Elektronen­zustände „tatsächlic­h recht günstig für Supraleitu­ng“seien. Allerdings nicht bei reinem LK-99, das sei ein Isolator, sondern erst nach – simulierte­r – Dotierung, also Verunreini­gung mit anderen Atomen. Dann sehe man an der Bandstrukt­ur – einer Darstellun­g der Zustände der Elektronen – „relativ flache Linien“, die zu Supraleitu­ng führen könnten. Ungefähr zeitgleich argumentie­rte ein Team an der Princeton University, dass seine Modellrech­nungen ergeben hätten, dass die Energiebän­der in LK-99 „zu flach“für Supraleitu­ng seien. Zynisch gesagt : Gute Theoretike­r können eben alles erklären …

Der Fall an der Korean University wird noch aufzuarbei­ten sein. Die PhysikerCo­mmunity wird sich überlegen müssen, wie sie solche falschen Hypes verhindert, die dem Ruf ihrer Wissenscha­ft schaden. Auch wenn Forscher selbst keine Technologi­e-Aktien haben: Der Kurs ihrer Glaubwürdi­gkeit kann rapide sinken.

Newspapers in German

Newspapers from Austria