Ein neuer Umgang mit der Ressource Grund und Boden
Gastbeitrag. Wie Raumordnung wirklich für die Ordnung des Raumes wirken könnte.
Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie mit der einzigen nicht ersetzbaren Ressource Grund und Boden verfahren werden soll. Hilflose Versuche wie Vertragsraumordnung, Freizeitwohnsitzbeschränkungen und Appelle gegen Bodenverbrauch und -versiegelung endeten bisher allesamt vollkommen wirkungslos. Und das in einem der schönsten Länder Europas mit weniger als 13 Prozent besiedelbarer Fläche.
Wen wundert das eigentlich? Wir bekennen uns fast alle zum erfolgreichen Modell der sozialen Marktwirtschaft, wobei unsere Großväter noch genau wussten, warum sozial für den nachhaltigen Bestand der demokratischen Marktwirtschaft entscheidend ist.
Sicherer Wertzuwachs
Und was hat das mit Grund und Boden zu tun? Seit mehr als 30 Jahren ist die Investition in Grund und Boden der alleinige Spitzenreiter hinsichtlich eines sicheren Wertzuwachses, weit vor allen anderen Anlagen. Dieser wird darüber hinaus noch durch den politischen Akt der Flächenwidmung fast ausschließlich zugunsten des privaten Eigentums vervielfacht.
Es ist also niemandem vorzuwerfen, wenn er oder sie in Grundstücke investiert. Es ist aber uns allen vorzuwerfen, das nicht zu erkennen und darauf gesetzlich zu reagieren.
Ohne jeglichen Eingriff in das private Grundstückseigentum würde ein einfacher steuerlicher Eingriff schlagartig die von fast allen gewünschte Veränderung bewirken. Jeder Grundstücksverkauf kann unter Anwendung der Wertsicherung entlang der Inflationsrate plus beispielsweise zehn Prozent steuerfrei erfolgen.
Der darüber hinausgehende Betrag geht zu 90 Prozent an die jeweilige Gemeinde, die darüber hinaus ein Vorkaufsrecht bei jeder Transaktion erhält, langjährige Nutzungs- oder Baurechte vergeben kann und im gleichen Zug zukünftig keine Grundstücke verkaufen darf. Wie das übrigens allen öffentlichen Körperschaften untersagt werden sollte.
Umstieg zu Nutzungseigentum
Mittelfristig bedeutet das einen Umstieg von Grundstückseigentum zu Nutzungseigentum, ohne die Mechanismen der Marktwirtschaft außer Kraft zu setzen. Endlich kann dann Raumordnung wirklich im Sinne der Ordnung des Raumes einer Gemeinde proaktiv wirken, und die Erpressbarkeit der Bürgermeister ist zu Ende.
Die scheinheilige Diskussion über leistbares Wohnen nimmt den wirklichen Kostentreiber – 50 bis 80 Prozent der Kosten pro Quadratmeter Wohnfläche sind auf den Grundstückspreis zurückzuführen – wirksam in Angriff. Leider verlieren damit allerdings die Drehbuchautoren und -autorinnen für ihre Kriminalfilme neben der Prostitution sowie dem Waffen- und Drogenhandel das dritte Kernthema: die Bodenspekulation. Aber das dürfte dann doch verkraftbar sein.
Nebenbei hätte dieser Schritt die Konsequenz, dass mit den Hunderten Millionen neuer Gemeindesteuern einmal die Lohn- und Einkommensteuern drastisch gesenkt werden könnten und damit der jungen Generation endlich wieder die Möglichkeit eröffnen würde, selbst Vermögen zu schaffen. Zum anderen könnte der längst überfällige Prozess der subsidiären Steuergenerierung beginnen: Jede Körperschaft generiert die Einnahmen für ihre eigenen Aufgaben.
Debattieren oder ignorieren?
Mal sehen, ob außer dem Vorwurf der Enteignung à la Kommunismus eine konstruktive Debatte beginnen kann. Oder ob halt doch wieder die urösterreichische Variante des „Nicht-einmal-Ignorierens“gewählt wird.
Christoph M. Achammer (geboren 1957 in Innsbruck) studierte Architektur und lehrt seit 2002 als Professor an der Technischen Universität Wien (TU Wien).