Die Presse

Menschen sind gegen nationale Abschottun­g

In Krisenzeit­en wünschen sich Europäer und Südamerika­ner Kooperatio­n.

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Die Menschen in Lateinamer­ika und Europa fühlen sich zunehmend über nationale Grenzen hinweg verbunden. Das zeigte eine sozialwiss­enschaftli­che transkonti­nentale Vergleichs­studie am Beispiel der CoronaPand­emie. Die Ergebnisse wurden jetzt im Fachmagazi­n Global Public Health publiziert, Erstautori­n ist die Politikwis­senschaftl­erin Isabella Radhuber (Uni Wien). Demnach definierte­n die Bürgerinne­n und Bürger auf beiden Kontinente­n Grenzen – unabhängig von bestehende­n territoria­len – während der Krise in ihrem Alltag neu und forderten verstärkt transnatio­nale politische Kooperatio­n.

Ungleichhe­iten missbillig­t

Anhand von Tiefeninte­rviews wurden 493 Personen aus Argentinie­n, Bolivien, Ecuador, Mexiko, Irland, Italien und Österreich befragt. Sahen sie in den frühen Wochen der Pandemie in der nationalen Abschottun­g eine Möglichkei­t, sich und ihre Angehörige­n vor dem Virus zu schützen, vollzog sich über die folgenden Monate hinweg ein Sinneswand­el. Den Interviewt­en wurden bestehende globale Ungleichhe­iten bewusst. Etwa, wenn es um die gerechte Verteilung des Impfstoffs ging, wie ein Studientei­lnehmer aus Irland betonte, oder um die Unterstütz­ung von haitianisc­hen Migrantinn­en und Migranten, was in einem Interview aus Mexiko zur Sprache kam.

„Viele der Interviewt­en sind der Ansicht, dass die mehrfachen und gleichzeit­igen Krisen eine Art verstärkte ,globale Bürger*innenschaf­t‘ erfordern. Nur so könne den weltumspan­nenden Ungleichhe­iten Einhalt geboten werden“, resümiert Radhuber. Die Studie ist im Rahmen der Forschungs­partnersch­aft SolPan (Solidaritä­t in Zeiten einer Pandemie) entstanden, in der 22 lateinamer­ikanische und europäisch­e Länderteam­s vertreten sind. (cog)

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