Hidden Agenda gegen die Jagd siegt über grundvernünftige Anliegen
Die Forderungen nach einer groß angelegten Jagdreform sind nur vorgeblich konstruktiv. Tatsächlich entpuppt sich die Agitation als vorsätzlich destruktiv.
Als einige NGOs vor bald einem Jahr damit begannen, Stimmung für ein modernes, einheitliches Bundesjagdgesetz zu machen und in Vorbereitung auf ein Volksbegehren Unterschriften zu sammeln, war ich hin- und hergerissen. Immer wieder werde ich seither gefragt, wie ich die Sache einschätze, ob ich gar eine Unterstützungserklärung unterschreiben würde.
Mit dem Gedanken gespielt habe ich. Ich bin sogar dem Ökologischen Jagdverband beigetreten, einer kleinen Vereinigung, die das Ansinnen maßgeblich trägt. Sie gilt als besonders „forstfreundlich“und sehr schießfreudig, wenn es um Reh und Rotwild geht. Beide Arten sind alles andere als bedroht, beeinträchtigen durch ihr massenhaftes Auftreten das Hochkommen des Jungwalds und verursachen auch bei älteren Baumbeständen und in Schutzwäldern Schaden.
Keine Überbetonung von Brauchtum, eine weitgehende Beschränkung auf Wildarten, die wirklich Probleme bereiten und reguliert werden müssen, man könnte also sagen: ein Blick fürs Wesentliche. Insgesamt lässt sich der Ökologische Jagdverband aber schwer einordnen, am ehesten noch als „Anti-Establishment“. Das erfordert Mut und inneren Antrieb. Das imponiert mir. Wirklich festlegen wollte ich mich allerdings nicht; vor allem, weil ich die durch die Initiative angeregten Diskussionen abwarten wollte.
Denn die Kritik am Status quo ist nachvollziehbar. Die Jagd, die in Österreich in neun unterschiedlichen Landesjagdgesetzen geregelt ist, gehört im 21. Jahrhundert neu gedacht. Niemand weiß das besser als die Jägerschaft selbst. Altes Jägerlatein gehört anhand von wissenschaftlichen Fakten neu bewertet. Veraltete Praktiken, wie sie teilweise auch in den Rechtstexten festgehalten und vorgesehen sind, gehören verworfen. Und da viele der Argumente (nachzulesen unter bundesjagdgesetz.at) durchaus vernünftig klingen, hat die Initiative zu Recht auch bei Zeitgenossen Interesse geweckt, welche die Jagd aus wohlwollender Distanz gutheißen, weil sie gern Wild essen.
Dass ich trotzdem nicht gleich Feuer und Flamme war, lag an der Allianz, die sich für die groß angelegte Jagdreform einsetzt. Denn NGOs wie Tierschutz Austria, vor allem aber der Verein gegen Tierfabriken (VGT), sind in der Vergangenheit nicht mit differenzierten Diskussionsbeiträgen zum Thema aufgefallen. Wenn es ums Aufdecken von Missständen in der Massentierhaltung geht, ist der VGT zweifellos verdienstvoll. Bei jagdlichen Themen stand man allerdings für Fundamentalkritik. Da Martin Balluch, der Mastermind des Vereins, seinen Leuten aber gerade erst beim 30-Jahr-Fest versprochen hat : „Wir sind gnadenlos pragmatisch!“, hat sich der Optimist in mir lebhafte Diskussionen erhofft, an der sich die Landesjagdverbände ebenso beteiligen wie NGOs und die Forschung, auf die man sich da wie dort beruft.
Meine Erwartungen wurden allerdings enttäuscht – von den Jagdverbänden, die eine gelungene PR-Kampagne gestartet haben, aber bislang an der Oberfläche geblieben sind, weil man vor allem die breite Öffentlichkeit adressiert, aber vor allem von den Organisatoren des Volksbegehrens. Über ständiges obsessives Wiederholen von Anschuldigungen kam man bislang kaum hinaus.
Die Kritik am Status quo ist nachvollziehbar, doch die Diskussion enttäuscht die Erwartungen.
Vergangenen Montag schließlich, als in der Wiener Hofburg der Jägerball stattfand, demonstrierte der VGT bei der „40. Anti-Jägerball-Demo“. Auf den VGT-Transparenten zu lesen waren Forderungen wie „Schafft die Jagd ab“oder „Jäger_innen raus aus dem Wald!“. Das ist ebenso unmissverständlich, wie wenn der VGT online Demo-Fotos verbreitet und darunter verfasste Kommentare wie „Die Jagd gehört verboten!“ganz offiziell mit Herzchen liebkost. Da wird lautstark ins Anti-Jagd-Horn geblasen. Wie man derlei wohl im Ökologischen Jagdverband sieht?
Um nötige Neuerungen und Diskussionen werden die (großen) Jagdverbände trotzdem nicht umhinkommen.