„Dann gibt’s kein Klimaschutzgesetz“
Kurt Egger, Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes, will noch in dieser Periode eine Senkung der Lohnnebenkosten. Und: Ohne Klimaschutzgesetz ginge es auch, sagt er.
Der Kanzler hat sich nach langer Neuwahl-Debatte nun auf Wahlen im Herbst festgelegt, die Koalition werkt gerade an einem Arbeitsplan für die letzten Monate. Was muss aus Ihrer Sicht noch geschehen?
Kurt Egger: Als Wirtschaft brauchen wir, dass noch etwas für die Wettbewerbsfähigkeit zustande gebracht wird. Jeder zweite Euro wird im Export verdient. Im Bereich der Lohnnebenkosten der Arbeitgeber brauchen wir also Signale. Die Lohnstückkosten, die ja an den gestiegenen Personalkosten hängen, muss man runterkriegen, damit wir wettbewerbsfähig bleiben. Aber es gibt Möglichkeiten, zum Beispiel mit einer Senkung der Lohnnebenkosten. Da gibt es etwa Bestandteile wie den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF, Anm.), die man auch anders finanzieren kann. Wir sind klar gegen Sozialleistungskürzungen. Aber wir müssen darauf achten, dass wir die Unternehmer entlasten, damit die Aufträge ins Land ziehen können.
Soll der milliardenschwere FLAF, aus dem etwa die Familienbeihilfe bezahlt wird, künftig aus dem Steuertopf finanziert werden? Noch in dieser Periode?
Ja, in einem ersten Schritt jedenfalls. Je früher man damit beginnt, desto besser. Es gibt derzeit Investitionszurückhaltung, weil die Betriebe erst abwarten, wie sich die wirtschaftliche Situation entwickelt. Je früher wir Vertrauen in den Standort zurückbringen, desto früher wird investiert.
Was muss aus WirtschaftsbundSicht noch kommen in dieser Periode?
Betriebe suchen nach wie vor Arbeitskräfte en masse. Man muss also überlegen, das eine oder andere Vorhaben aus dem Österreich-Plan des Kanzlers für den Arbeitsmarkt vorzuziehen. Weitere Veränderungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte für ausländische Fachkräfte zum Beispiel: Jetzt haben die zuständigen Behörden acht Wochen Zeit, einen Antrag zu bearbeiten, wir wollen das aber in 72 Stunden.
Die Grünen haben auch noch Wünsche, allen voran das Klimaschutzgesetz. Kommt das noch?
Wir stehen weiterhin für einen Klimaschutz mit Hausverstand und wollen nicht, dass der schwächelnden Wirtschaft durch neue Verbote und bürokratische Hindernisse ganz die Luft ausgeht. Immerhin geht es um unseren Wirtschaftsstandort und damit um unseren Wohlstand. Alles, was dem entgegensteht, werden wir nicht unterstützen. Das Klimaschutzgesetz, wie es jetzt in den internen Verhandlungen vorliegt, wird es so nicht geben.
Was stört Sie konkret daran?
Es enthält Zielbestimmungen, die Experten zufolge nicht umzusetzen sind. Nehmen wir die Automobilindustrie: Da fährt uns Asien um die Ohren und lacht uns aus. Das kann’s nicht sein.
Und wenn es in dieser Periode kein Klimaschutzgesetz gibt?
Dann gibt es eben kein Klimaschutzgesetz. Wir haben im Bereich der Klimagesetze viel zustande gebracht: Erneuerbare-WärmeGesetz, PV-Ausbau, Klimaticket, Energie-Effizienz-Gesetz sind Beispiele. In der Periode ist klimapolitisch so viel passiert wie überhaupt noch nie, es hängt also nicht am Klimaschutzgesetz.
Österreich nähme also keinen Schaden, wenn der Emissionspfad, den das Klimaschutzgesetz ja vorsieht, nicht kommt?
Nein.
‘‘ Das Klimaschutzgesetz, wie es jetzt in den internen Verhandlungen vorliegt, wird es so nicht geben.
Kurt Egger, Wirtschaftsbund-Generalsekretär
Ein weiterer Streitpunkt, vor allem mit den Ländern, ist die im Regierungsprogramm geplante Bodenschutzstrategie, die den Flächenverbrauch bei 2,5 Hektar pro Tag begrenzen soll. Treten Sie gegen das Vorhaben auf?
Man darf bei diesem Thema nicht in Hysterie verfallen. Natürlich muss man sich die Flächenentwicklung ansehen und vor allem angesichts der Extremwetterereignisse eine ehrliche Diskussion führen. Aber es muss Entwicklungsmöglichkeiten für die Wirtschaft geben, damit man den Raum hat, so zu arbeiten, dass man überlebt. Betonieren ist ja kein Selbstzweck: Da geht es um Wohnraum und Betriebe.
Herr Egger, was wäre Ihnen nach der nächsten Wahl lieber: eine Koalition mit Rot oder Blau?
Erst entscheidet der Wähler, dann muss man sich anschauen, wo es Schnittmengen gibt. Aber die Einschätzung des Kanzlers, dass es mit Herbert Kickl nicht geht, teile ich.
In Ihrer Heimat, der Steiermark, funktioniert die Koalition mit der SPÖ weitgehend reibungslos. Der Landeshauptmann und ÖVPLandeschef wirbt auch auf Bundesebene für dieses Modell.
Es ist eine Möglichkeit, aber an Koalitionsspekulationen beteilige ich mich nicht.
Die SPÖ will Erbschafts- und Vermögensteuern sowie eine Arbeitszeitverkürzung. Wäre das mit der ÖVP je möglich?
Die Forderungen würden eine Selbstaufgabe unseres Wirtschaftsstandorts bedeuten. Also: Nein, das wird es mit uns nicht geben.