Tod in Salzburg abseits des Instagram-Idylls
Nach einer Massenschlägerei mit mindestens 15 Beteiligten in Lehen konnte ein Mann nach Messerstichen nicht mehr gerettet werden. Porträt eines Stadtteils zwischen Hinterhof und urbanem Aufbruch.
Einen Toten und mindestens drei Verletzte hat es in der Nacht auf Donnerstag bei nächtlichen Schlägereien im Salzburger Stadtteil Lehen gegeben. Laut Polizei waren mindestens 15 Personen daran beteiligt. Es waren auch Messer im Spiel. Ein Großaufgebot an Polizisten mit Diensthunden und Hubschrauberunterstützung war im Einsatz.
Drei Personen wurden festgenommen, wie die Landespolizeidirektion Salzburg am Donnerstagvormittag informierte. Nach dem Vorfall fanden Polizisten aufgrund einer Anzeige einen durch Messerstiche schwer verletzten Mann auf einer Straße in der Nähe des Lehener Parks. Es handelte sich laut Polizei vermutlich um einen Somalier. Er wurde nach der Erstversorgung in ein Krankenhaus eingeliefert, wo er kurze Zeit später seinen Verletzungen erlag.
Nicht der erste Gewaltausbruch
In Lehen wohnen viele Menschen auf engem Raum – einem Salzburger Stadtteil, in dem Konflikte immer wieder aufbrechen. Graffitisprühereien, Billigläden, in die Jahre gekommene Siedlungen und Hochhäuser: Lehen, das ist ein Stadtteil, der so gar nicht nach Salzburger Postkartenidyll aussieht.
Es ist eine Gegend, die mit vielen Problemen kämpft, in der Konflikte nicht gerade Seltenheitswert haben. Die tödliche Messerattacke im Lehener Park von Donnerstagnacht ist nicht der erste Gewaltausbruch, der in diesem Stadtteil für Schlagzeilen sorgt.
Vor zwei Jahren wurden im Lehener Park – einer großen Grünfläche direkt an der Salzach mit Spielplatz, Fitnessanlage und Eisstockbahn – zwei Afghanen niedergestochen. Im Jahr 2015 kam es zu einem tödlichen Streit, bei dem ein junger Afghane einen Türken erstach. Immer wieder gibt es hier Überfälle auf Passanten.
Vor acht Jahren – damals galt der Ort als der zentrale CannabisUmschlagplatz der Stadt – wurde der Lehener Park nach dem Sicherheitspolizeigesetz zur Schutzzone erklärt. Die Polizei kann verdächtige Personen wegweisen. Doch wirklich in den Griff bekommen hat die Exekutive die Probleme nicht, der Park ist, vor allem in der Nacht, eine Gegend mit rauen Sitten geblieben.
Dabei ist der Park vor allem im Sommer untertags recht idyllisch. Kinder wuseln auf dem Spielplatz, die Eltern picknicken. Jugendliche von den nahen Schulen hängen auf den Wiesen ab, beim Vereinsheim messen die Asphaltschützen ihr Können. Für viele Familien, die in der Gegend wohnen, ist der Park – ähnlich wie die etwas weiter stadtauswärts gelegene Parkanlage an der Glan – so etwas wie das verlängerte Wohnzimmer.
Grünraum ist hier besonders gefragt. Schließlich leben hier oft große Familien in kleinen Wohnungen. Es gibt in die Jahre gekommene Siedlungen und Hochhäuser, in
denen die Mieten günstiger sind als in den noblen Stadtteilen. Es gibt mehr Ausländer, mehr arme Menschen, mehr Nachbarschaftskonflikte und mehr Verkehr als an anderen Stellen der Stadt. Das ist die eine Seite.
Seltenes urbanes Flair
Aber es gibt auch eine andere: In den 2000er-Jahren investierte die Stadt bewusst in eine Aufwertung Lehens durch moderne Architektur und neue kulturelle Angebote. Die Absiedelung des alten Fußballstadions an den Stadtrand schuf Platz für moderne Wohnbauten. Die Stadtbibliothek übersiedelte aus dem Schloss Mirabell auf das ehemalige Stadionareal – samt cooler Panoramabar, die über dem Gelände schwebt. Im Stadtwerk Lehen, einem noch jungen Stadtteil auf dem ehemaligen Gelände der Salzburger Stadtwerke, wurden nicht nur neue Wohnungen geschaffen. Sondern es gibt dort auch ein Studiengebäude der privaten MedizinUni, Unternehmensstandorte, Galerien,
Bildungseinrichtungen, ein Studentenheim und Geschäfte. Urbanes Flair, wie man es in Salzburg nur selten findet.
KPÖ auf Werbetour
Lehen, das ist aber auch jener Stadtteil, in dem die Salzburger KPÖ von Kay-Michael Dankl seit einigen Jahren konsequent von Haus zu Haus geht und Menschen anspricht, die sich längst von der Politik abgewandt haben. Die Partei versucht, die Nichtwähler zu mobilisieren – bei der letzten Landtagswahl mit einigem Erfolg. Und deshalb ist dieser Stadtteil zwischen Hinterhof und urbanem Aufbruch vielleicht auch jener, der bei der bevorstehenden Wahl am 10. März spielentscheidend sein könnte.
Die Hintergründe der Auseinandersetzungen von Donnerstagnacht waren zunächst nicht bekannt. Ab 23 Uhr kam es ersten Ermittlungen zufolge zu zwei Vorfällen, und zwar im Lehener Park und in einer Nebenstraße in der Nähe des Parks. Bei den beteiligten Personen soll es sich vorwiegend um Personen syrischer Herkunft gehandelt haben.
„Es waren alle zur Verfügung stehende Kräfte im Einsatz“, sagte ein Sprecher der Salzburger Polizei zur APA. Die Verletzten wurden ins Spital gebracht. Zunächst war noch unklar, ob die Streitigkeiten einen Zusammenhang haben. Die Ursache der Eskalation und das Tatmotiv müssen von der Exekutive noch ermittelt werden.