Der Spagat der Notenbanker
Am Dienstag veröffentlichen die USA ihre Inflationszahlen für Jänner. Die Daten werden mit Spannung erwartet. Weder Notenbanken, noch OECD sehen die Inflation als besiegt an.
Das Ende der im Jahr 2021 begonnenen „Inflationsepisode“will die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zwar noch nicht ausrufen. Doch sieht sie die Welt in Sachen Teuerung zumindest auf dem richtigen Weg. Nicht nur, weil der Inflationsdruck aufgrund niedrigerer Energiepreise und intakter Lieferketten im vergangenen Jahr schneller als erwartet zurückgegangen ist. Sondern auch, weil die abkühlende Weltwirtschaft eine geringere Nachfrage für das laufende Jahr erwarten lässt, wie es im aktuellen Bericht der Organisation heißt.
Bis sich die Inflationsraten in den Staaten der G20 dem Zielwert (von in der Regel zwei Prozent) wieder annähern, wird es aber noch dauern. Und zwar bis 2025 – da sollte sich die Kerninflation (ohne Energie- und Lebensmittel) dann auf 2,1 Prozent belaufen, so die Organisation. In der Zwischenzeit kann freilich noch viel passieren.
So warnt die OECD vor hohen politischen Risken, die etwa Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnten, und auch vor „Überraschungen“, die die Inflation wieder nach oben treiben könnten. Sie nennt hier etwa den anhaltend hohen Druck auf die Dienstleistungspreise als unsichere Komponente. Dass die vergleichsweise hohen Inflationsraten Geschichte sind, ist also längst nicht sicher. Für die Finanzmärkte könnte das wiederum zu einem Problem werden, weil der Markt dann seine Erwartungshaltung in Sachen Geldpolitik anpassen muss. Solch unerwartete Wendungen sind häufig ein Grund für scharfe Korrekturen an der Börse. Auch dies erwähnt die OECD in ihrem Bericht.
Derzeit erwartet der Finanzmarkt von den Notenbanken (in erster Linie von der US Federal Reserve und der Europäischen Zentralbank) jedenfalls Leitzinssenkungen, am besten so bald wie möglich und jedenfalls noch heuer. Doch müsse die Geldpolitik umsichtig bleiben, um die Inflation dauerhaft einzudämmen, so die OECD. Zwar gäbe es wohl Spielraum für Zinssenkungen, wenn die Inflation weiter zurückgeht, aber es sei Vorsicht geboten.
Mit Spannung wird deshalb auch erwartet, welche Inflationsraten die weltweit wichtigste Volkswirtschaft am kommenden Dienstag veröffentlichen wird. Allgemein angenommen wird, dass die USKerninflation im Jänner um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen ist. Doch wäre dies der geringste Anstieg seit April 2021. Und auch von der herkömmlichen Inflationsrate verspricht man sich viel. Sie soll erstmals seit zwei Jahren bei unter drei Prozent zu liegen kommen. Im Dezember lag die Inflationsrate in den USA bei 3,4 Prozent, nach 3,1 Prozent im November
US-Notenbank zurückhaltend
Der Markt erhofft sich von der Federal Reserve die erste Leitzinssenkung im Mai. Zwar hat Fed-Vorsitzender Jerome Powell Zinssenkungen für das heurige Jahr in Aussicht gestellt – den Zeitpunkt ließ er aber offen. Und auch jüngst betonte er erneut, dass die Notenbank hier umsichtig agieren werde. Das Klügste, was man tun könne, sei, der Sache Zeit zu geben und zu beobachten, ob die Inflation nachhaltig Richtung zwei Prozent sinkt, sagte er dem Sender CBS. Zuletzt hatten die USA starke Arbeitsmarktzahlen vorgelegt, bei steigenden Löhnen und einer niedrigen Arbeitslosenquote. Als „historisch ungewöhnlich“bezeichnete Powell daher die Situation von Leitzinssenkungen ohne wirtschaftlichen Abschwung.
EZB steht auf der Bremse
Und auch in Europa kocht das Thema Zinssenkungen laufend hoch. Wobei Investoren am Finanzmarkt ihre Annahmen auf eine frühe Leitzinssenkung bereits zurückgenommen haben. Dies liegt wohl auch an den verhaltenen Äußerungen der Zentralbanker selbst.
So sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel der „Financial Times“kürzlich, dass die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor, der robuste Arbeitsmarkt, die spürbare Lockerung der finanziellen Bedingungen und die Spannungen im Roten Meer gegen eine baldige Anpassung des geldpolitischen Kurses sprechen würden.
Und auch Österreichs Gouverneur Robert Holzmann äußerte sich gegenüber der „FAZ“abwartend: Es sei nicht garantiert, dass die Notenbank die Zinsen in diesem Jahr überhaupt senken werde. Die Notenbank müsse sich sicher sein, dass die Inflation wirklich besiegt sei, bevor sie die Zinsen senke, so Holzmann weiter. Die Inflation im Euroraum lag mit 2,8 Prozent im Jänner nach wie vor über dem Zielwert der EZB von zwei Prozent.