Die EU steigert das Tempo bei Renovierungen
Die EU plant eine Sanierungsoffensive. Um die Sanierungsquote nachhaltig zu steigern, braucht es jedoch auch rechtliche Schritte.
Die Energiewende gewinnt an Fahrt: Bis 2050 soll die EU klimaneutral werden, vor allem beim Energiefresser Immobilien ist das Einsparungspotenzial in Sachen CO2 enorm. Weil der Neubau in Sachen Energieverbrauch nur die Spitze des Eisbergs darstellt – und sowieso nur mehr mit umweltfreundlichen Energiesystemen errichtet werden darf –, liegt der Fokus daher auf Sanierungen.
Ehrgeizige Sanierungsziele
Die Sanierungsziele aus Brüssel sind ehrgeizig: Bis zum Jahr 2030 ist EU-weit die Renovierung von 16 Prozent der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz vorgesehen und bis 2033 26 Prozent. Ausreden gelten nicht, denn den Regierungen der EU-Mitgliedsländer sind die Hände gebunden. So müssen die jeweiligen nationalen Maßnahmen sicherstellen, dass der durchschnittliche Primärenergieverbrauch um mindestens 55 Prozent bei den schlechtesten Gebäuden gesenkt wird.
Um diese Ziele zu erreichen, braucht es auch in Österreich eine deutliche Steigerung der Sanierungsquote, die in den vergangenen Jahren stets unter der ZweiProzent-Marke blieb. Dafür braucht es klare Regeln, damit die einzelnen Mieter und Wohnungseigentümer die Umstellung der Heizung auf ein zentrales klimafreundliches System akzeptieren können. „Wenn das gelingt, würde ein Ruck durch die Immobilienwirtschaft gehen“, sagt Susanne Formanek, Vorstand und kaufmännische Projektleiterin von Renowave.at, dem österreichischen Innovationslabor für klimaneutrale Gebäude- und Quartierssanierungen. „Die Sanierung und Heizungsumstellung sehr vieler älterer Bauten von Gemeinden, Gemeinnützigen, Privaten und Eigentumsbauten scheitert vielfach am Widerstand von Einzelpersonen.“Deshalb sei es notwendig, dass auch die Kostentragung rechtlich eindeutig geregelt wird. Dafür seien die Lebensbedingungen einkommensschwacher Bewohner sowie die Minderheitenrechte und der Schutz der Eigentumsrechte zu berücksichtigen.
Rechtliche Eingriffe
Bereits dafür braucht es Eingriffe in das bestehende Miet- und Wohnrecht. Doch das ist erst der Anfang: Renowave rät generell, notwendige Maßnahmen, um Gebäude „enkelfit“zu machen – also zu dekarbonisieren –, wohnrechtlich als Erhaltung und nicht länger als Verbesserung einzustufen. „Mit einer solchen kleinen Änderung könnten einige Knoten im Miet- und Wohnungseigentumsrecht gelöst werden“, so Formanek. Entscheidend ist zudem die Leistbarkeit: Die EUZiele können selbst nach den notwendigen rechtlichen Änderungen erst dann erfüllt werden, wenn die Zinsen wieder sinken.
Konnte vor einem Jahr eine größere Sanierung noch um 1,5 Prozent finanziert werden, ist der Zinssatz heute etwa dreimal so hoch. Hätte man vor zwei Jahren für eine umfassende Sanierung 100.000 Euro auf 20 Jahre finanziert, wäre sich das mit einer monatlichen Rate unter 500 Euro ausgegangen – heute ist das Doppelte fällig. Bis Finanzierungen wieder günstiger werden, sind daher Förderungen umso wichtiger. Einfach das Geld vom Staat zu holen und „loszusanieren“, geht jedoch höchstens bei Einfamilienhäusern in Einzellage: Sobald mehrere Parteien involviert sind, ist eine rechtliche Vorprüfung der Vorhaben ratsam.