Kämpfe im Roten Meer eskalieren
Houthis zeigen, dass sie westlichem Militärdruck widerstehen können. Experten fordern US-Waffen für Jemen.
Sanaa/ Istanbul. Drei Monate nach Beginn ihrer Angriffe auf Schiffe im Roten Meer, einer der weltweit wichtigsten Seerouten, demonstrieren die radikalislamischen Houthi-Rebellen aus dem Jemen, dass sie dem Militärdruck des Westens dauerhaft widerstehen können. Es droht eine Eskalation mit devastierenden Folgen für den Welthandel.
Unmittelbar nach dem jüngsten HouthiAngriff auf ein Handelsschiff folgte am Wochenende eine neue Welle US-britischer Luftangriffe auf Stützpunkte der Rebellen im Jemen. Ein Sprecher der Houthis kündigte daraufhin neue Attacken auf Schiffe an. Die US-Regierung räumte ein, dass die Houthis mit Luftschlägen nicht zu besiegen sind. Konservative in den USA fordern deshalb, Washington solle die Regierung des Jemen für den Kampf gegen die Houthis bewaffnen.
Die Houthis stören den Seeverkehr im Roten Meer seit Mitte November mit Raketenund Drohnenangriffen auf Frachter und Tanker. Die vom Iran ausgerüsteten Rebellen, die große Teile des Jemen unter Kontrolle haben, sehen die Angriffe als Unterstützung für die radikalislamische Palästinensergruppe Hamas im Gaza-Krieg. Das Pentagon zählte bisher fast 50 Angriffe. Die USA und andere westliche Länder schickten Kriegsschiffe in das Rote Meer, um die Houthis zu stoppen – bisher vergeblich. Seit Freitag ist auch die deutsche Fregatte Hessen mit einem EU-Marineverband in der Region im Einsatz.
Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums beschießen die Houthis immer mehr Schiffe; vorige Woche gerieten Handelsschiffe fast jeden Tag unter Beschuss der Rebellen. Britische und US-Kampfjets starteten in der Nacht zum Sonntag zu ihrer vierten gemeinsamen Angriffswelle auf HouthiStützpunkte im Jemen. Zu den Zielen gehörten unterirdische Waffenlager, Raketen und Drohnen sowie Flugabwehrsysteme und Radaranlagen. Kurz zuvor hatte ein US-Kriegsschiff eine Rakete der Houthis abgefangen, die auf den US-Öltanker Torm Thor zielte. Die USA greifen Stellungen der Houthis nicht nur mit Großbritannien an, sondern auch mit Luftschlägen in eigener Regie.
Großes Waffenarsenal
Houthi-Sprecher Yahya Sarie erklärte, die Rebellen hätten neben der Torm Thor mehrere US-Kriegsschiffe im Roten Meer angegriffen; die USA äußerten sich nicht. Die Houthis wollen laut Sarie „der amerikanisch-britischen Eskalation mit weiteren wirksamen militärischen Operationen“begegnen. Die Angriffe würden weitergehen, bis der israelische Feldzug gegen die Hamas in Gaza beendet sei und die Blockade des Küstenstreifens durch Israel aufgehoben werde.
Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh hatte erklärt, die Houthis verfügten weiter über ein großes Waffenarsenal. Darunter seien moderne Waffen, die nach wie vor vom Iran in den Jemen geliefert würden. Die US-Regierung habe nie behauptet, alle militärischen Fähigkeiten der Houthis mit den bisherigen Luftschlägen zerstört zu haben, sagte Singh.
Die neuen Luftangriffe dürften nicht die letzten gewesen sein. Die USA haben Flugzeugträger und Zerstörer in der Region stationiert; britische Jets fliegen ihre Angriffe auf die Houthis von einem Stützpunkt in Zypern aus. Auch die deutsche Regierung stellt sich offenbar auf einen längeren Militäreinsatz im Roten Meer ein: Im April soll die Hessen laut Medien im Einsatzgebiet von der Fregatte Hamburg abgelöst werden.
Um die Houthis zum Einlenken zu bewegen sei mehr nötig als der Einsatz internationaler Luftwaffen- und Marineverbände, sagen Experten der einflussreichen konservativen US-Denkfabrik AEI. Kenneth Pollack, Ex-Nahost-Berater des US-Sicherheitsrats, und die Anti-Terror-Expertin Katherine Zimmerman fordern in einer neuen Analyse, die USA sollten Soldaten der jemenitischen Regierung ausbilden und ausrüsten.
Die Regierung des Jemen wurde im Krieg gegen die Houthis in den vergangenen Jahren von Saudiarabien unterstützt, konnte die Rebellen aber nicht besiegen. Jetzt solle Washington der jemenitischen Regierung helfen, Gebiete von den Houthis zurückzuerobern, fordern Pollak und Zimmerman. Damit könnten die Houthis dazu bewegt werden, ihre „Aggression im Nahen Osten“zu beenden.
US-Präsident Joe Biden wird diesem Ratschlag wahrscheinlich nicht folgen: Er will die USA nicht noch tiefer in den Konflikt im Nahen Osten verstricken. Ohne eine Waffenruhe in Gaza dürften die Gefechte zwischen den Houthis und dem Westen im Roten Meer deshalb weitergehen.