Noch einmal das „Beste aus beiden Welten“– aber mit Schattenseiten
Das Wohnbaupaket der Regierung ist stimmig. Die Regierung kann also noch, wenn sie will. Strukturell sinnvolle Änderungen ließ man aber liegen.
Und sie bewegt sich doch. War die türkis-grüne Bundesregierung im Jänner mit der Erwartungshaltung baldiger Neuwahlen bereits endgültig abgeschrieben worden, hat sie mit dem am Dienstag vorgelegten Wohnbaupaket eine vernünftige Einigung vorgelegt. So kommt das Paket angesichts der sich drastisch verschlechternden Situation am Bau zwar mit Verspätung, aber es ist sowohl von Zielrichtung als auch Ausmaß stimmig, so auch eine erste Einschätzung des Wifo.
Die Regierung hat nicht nur der sozialpartnerschaftlichen Verwirrung der Vorwoche mit einem geforderten Bonus von bis zu 100.000 Euro widerstanden, auch sonst ist die Größenordnung mit einer Milliarde auf drei Jahre so, dass das Paket einen Effekt haben wird, ohne den Versuch starten zu wollen, den Boom der vergangenen Jahre am Bausektor weiter fortführen zu wollen. Denn das wäre erstens kaum finanzierbar und zweitens ein volkswirtschaftlicher Unsinn.
Die geplanten zusätzlichen 20.000 neuen Wohnungen (dazu noch 5000 Sanierungen), die durch die Bundesförderung nun schneller gebaut werden sollen, entsprechen rund der Hälfte des jährlichen Neubauvolumens während der vergangenen Boomjahre. Und sie befinden sich auch im mehrgeschoßigen verdichteten Wohnbau, bei dem sowohl ökonomisch als auch ökologisch der größtmögliche Output für jeden Fördereuro erzielt werden kann. Sogar ein bisschen das „Beste aus beiden Welten“– also das Ursprungsversprechen von Türkis-Grün – blitzt wieder durch. So soll je die Hälfte auf soziale Mietwohnungen sowie geförderte Eigentumswohnungen entfallen.
Das Ziel, jeden Job in der Bauwirtschaft zu erhalten, wie etwa von der Gewerkschaft in jüngster Zeit gefordert wurde, wird dieses Paket nicht erfüllen können. Das ist aber auch nicht die Aufgabe der Politik. Denn zu einem gewissen Grad ist der Einbruch der Baukonjunktur auch eine natürliche Folge der Nullzins-Party der vergangenen Jahre. Ein Gesundschrumpfen der Branche ist daher nicht nur logisch, sondern sogar notwendig.
Was das Paket allerdings abmildern kann, sind die Folgen einer zu geringen Wohnbauleistung bei demografischem
Wachstum. Denn stagnierendes Angebot sorgt bei steigender Nachfrage zu höheren Preisen. Und laut Wifo ist die Inflationsspirale bei den Mieten erst im Begriff, sich schneller zu drehen. 2022 lag die Teuerung bei Wohnungsmieten noch unter der allgemeinen Inflation. Heuer soll sie mit gut zehn Prozent bereits deutlich darüber liegen. Auch hier darf man sich durch das Paket jetzt keine Wunder erwarten, vor allem aufgrund der längeren Vorlaufzeiten beim Bau. In den kommenden Jahren dürfte der Preisauftrieb dadurch aber etwas verringert werden.
Aber wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Und das trifft auch auf dieses Paket zu. So ist es zwar fein, dass der Bund zusätzliches Geld für die Wohnbauförderung lockermacht. Dafür gibt es aber eigentlich ein spezielles Vehikel in Form des Wohnbauförderungsbeitrages, der in Form von Lohnnebenkosten bei jedem Arbeitsverhältnis in Österreich anfällt. Und da dieses Geld seit 2008 nicht mehr zweckgewidmet ausgegeben werden muss, fließt es bei den verantwortlichen Ländern mitunter auch ins allgemeine Budgetloch. In Zeiten niedriger Zinsen war das kein Problem, da auch ohne Förderungen genug gebaut wurde. Künftig dürfte dieses Geld jedoch wieder dringend gebraucht werden. Man hätte das aktuelle Paket also auch nutzen können, um hier auch strukturell Weichenstellungen in diese Richtung zu setzen.
Dasselbe gilt für andere Teile des Pakets wie den temporären Entfall gewisser Nebengebühren beim Kauf der „ersten Wohnung“. Nicht nur, dass die geplante Regelung Unschärfen bringt. Wer sich etwa kein Eigentum in der benötigten Größe leisten kann und neben der Mietwohnung etwas Kleineres zur Anlage kauft, fällt nicht darunter. Auch hier sollte einmal das von Ökonomen seit Langem kritisierte System sehr hoher Transaktionsgebühren beim Wohnungskauf, bei gleichzeitig sehr niedriger Grundsteuer beim Besitz, grundsätzlich auf den Prüfstand gestellt werden. Dass die aktuelle Regierung für solche Reformen auch noch die Kraft hat, ist aber unwahrscheinlich.