„Signa ist gelebte Intransparenz“
Am Mittwoch starteten die Befragungen im ersten von zwei U-Ausschüssen im Wahljahr – mit Kritik des „Anwalts der Republik“an René Benko und der heimischen Politik.
Jetzt ist auch der Untersuchungsausschuss wieder im Hohen Haus zurück: Nach Jahren der Renovierung fand am Mittwoch die erste Befragung des von SPÖ und FPÖ verlangten U-Ausschusses statt, aufzuklären gibt es dem Namen des Ausschusses zufolge eine mögliche „Zwei-Klassen-Verwaltung wegen Bevorzugung von Milliardären durch ÖVP-Regierungsmitglieder“. Weil dieser Name für den politischen Alltag etwas sperrig wäre und die Corona-Milliardenhilfen im Fokus stehen sollen, einigten sich Rot und Blau auf die Kurzform „Cofag-Ausschuss“.
Vieles folgt dabei bekannten Mustern vergangener U-Ausschüsse: Die ÖVP ist in der Defensive, SPÖ und FPÖ werfen ihr krumme Geschäfte vor, die Grünen scheinen ihren Koalitionspartner bei der Aufklärung auch diesmal nicht zu schonen, und all das teilen die Abgeordneten schon beim Betreten des Saales vor den Fernsehkameras mit – übertragen dürfen U-Ausschüsse nämlich immer noch nicht werden. Auf den ersten Blick als Novum ins Auge sticht allenfalls eine asiatisch anmutende Trennwand zwischen den Plätzen der Journalisten und jenen der SPÖAbgeordneten. Die wollen sich nämlich nicht von hinten in die Unterlagen blicken lassen, also wurde nach einer Debatte über die Sitzordnung kurzerhand ein Paravent aufgestellt.
Die erste Auskunftsperson des Ausschusses war Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur. Und der „Anwalt der Republik“ kam gut gelaunt ins Parlament, es war sein elfter Auftritt vor einem UAusschuss, beim Eintreffen berichtete er von seinem „Morgenlauf“und seiner Auskunftsfreude. Doch zuvorderst wollte Peschorn noch allerhand loswerden: etwa dass der von SPÖ und FPÖ formulierte Untersuchungsgegenstand „bedauerlicherweise unklar“sei, da er sich beispielsweise den ÖVP-Beziehungen zu nicht näher definierten „Milliardären“widme (ein Milliardärsregister oder dergleichen gibt es nicht). Ebenfalls erklärte er, dass die Verfassung U-Ausschüsse „nicht als Tribunal ausgestaltet“ habe, sondern als politisches Kontrollorgan. Vor allem aber rief er auf zur Rettung der heimischen Verwaltung: die würde nämlich „seit Jahrzehnten erodieren“, stattdessen gebe es „überbordende“politische Kabinette. Weil die Verwaltung aber „Rückgrat des Staates“sei, müsse man ihr mehr Aufmerksamkeit zuwenden, gerade in Krisen müsse man schließlich darauf zurückgreifen können.
Damit war man bereits mitten in einem der Kernthemen der Befragung angelangt: Peschorn kritisierte nämlich, dass die Verwaltung – auch die Finanzprokuratur – bei der Konstruktion der Cofag-Milliardenhilfen nicht beteiligt war. Stattdessen seien ein „Beraternetzwerk“und Rechtsanwaltskanzleien damit betraut gewesen.
Benkos Millionengage
Auf die Frage, ob die Finanzprokuratur hinsichtlich der Konzernbetrachtung bei Coronahilfen konsultiert worden war, antwortete er: „Wir waren da nicht eingebunden.“Bei der Konzernbetrachtung geht es um Obergrenzen für Unternehmensketten, das wiederum betrifft auch René Benkos Signa-Gruppe, die laut FPÖ mehr bekommen habe, als die EU-Regeln erlauben würden. Benko, der für April in den UAusschuss geladen ist, stand erwartungsgemäß im Fokus – und wurde auch von Peschorn, er nannte ihn „den Tiroler“, hart kritisiert. So sei die Signa-Gruppe „gelebte Intransparenz“, das Firmengeflecht sei „so komplex, dass man es nicht glauben kann“.
Schon am ersten Tag ging es den Fraktionen darum, den jeweils anderen Benko-Nähe vorzuwerfen: ÖVP-Mandatar Andreas Hanger etwa erklärte: „Benko ist gleich Gusenbauer ist gleich SPÖ.“Indes legten die Grünen einen Steuerbescheid vor, demzufolge Benko 2019 bei seiner Signa ein Jahresgehalt von rund 26 Millionen Euro bekommen habe.
Diesmal nicht für Debatten sorgte übrigens der von Rot und Blau schon mehrfach zum Rücktritt aufgeforderte Wolfgang Sobotka (ÖVP): Der Nationalratspräsident ließ sich zum Auftakt nämlich vertreten – aus „Termingründen“, wie sein Sprecher mitteilte.