Deutschlands Wirtschaft kommt nicht vom Fleck
Führende Wirtschaftsforscher sehen Deutschland am Rande der Rezession. Laut Ifo dürfte die Wirtschaftsleistung heuer um lediglich 0,2 Prozent zulegen.
Die deutsche Wirtschaft sei „wie gelähmt“, fasste das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch die aktuelle Konjunkturlage in der größten europäischen Volkswirtschaft zusammen. Die Stimmung unter Unternehmen und Haushalten sei schlecht, die Unsicherheit groß. Beim Ifo rechnet man jedenfalls damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Anfang 2024 das zweite Quartal in Folge schrumpft und Deutschland somit in eine Rezession rutscht. Erst ab Jahresmitte dürfte es spürbar besser werden. Im Gesamtjahr erwarten die Ökonomen aber nur ein Miniwachstum von 0,2 Prozent. Bisher war das Ifo von einem Wachstum von 0,7 Prozent ausgegangen.
Ähnlich die Einschätzung vonseiten des Kiel-Instituts für Weltwirtschaft (IfW), wobei die Korrektur der Prognose vonseiten der Kieler Ökonomen noch harscher ausfällt: Statt um 0,9 Prozent soll die deutsche Wirtschaftsleistung demnach bloß um 0,1 Prozent wachsen.
„Die Konsumzurückhaltung, die hohen Zinsen und Preissteigerungen, die Sparbeschlüsse der Regierung und die schwache Weltkonjunktur dämpfen derzeit die Konjunktur in Deutschland und führen erneut zu einer Winterrezession“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser in Berlin. „Mit dem allmählichen Wegfall der Belastungen bei Zinsen und Preisen und den Auswirkungen der höheren Kaufkraft für die Verbraucher wird sich die Wirtschaftsleistung zur Jahresmitte beschleunigen.“Für 2025 erhöhte das Ifo seine Prognose um 0,2 Punkte auf 1,5 Prozent, während die Expertinnen und Experten aus Kiel weiter mit 1,2 Prozent Wachstum rechnen.
Robuster Arbeitsmarkt
Vor dem Hintergrund der schwachen wirtschaftlichen Dynamik zeige sich der Arbeitsmarkt recht robust. „Die Beschäftigung dürfte im laufenden Jahr noch einmal etwas zulegen, bevor sie im Zuge des demografischen Wandels auf einen Abwärtstrend einschwenkt“, erklärten die Experten. Trotz der Konjunkturflaute wird die Zahl der Beschäftigten laut Ifo sogar noch von 45,9 auf 46,1 Millionen klettern und im kommenden Jahr den Rekordwert von 46,2 Mio. erreichen.
Die Inflation dürfte sich laut Ifo heuer nahe dem EZB-Zielwert von zwei Prozent einpendeln, erwartet wird eine Teuerungsrate von 2,3 Prozent. Im kommenden Jahr soll sie auf 1,6 Prozent fallen. Wobei der anhaltend hohe Fachkräftemangel laut IfW-Prognose – auch in Reaktion auf die hohe Inflation – zu deutlich steigenden Löhnen führen wird. Mit dem erwarteten Abebben der Teuerung „werden die real verfügbaren Einkommen im laufenden Jahr erstmals nach drei Jahren wieder steigen und den privaten Konsum stimulieren“.