Schräges Doppel: West trifft Ost
Eine Wiener Galerie führt zwei Große der Konzeptkunst zueinander: Franz West und Stano Filko. Eine posthume Begegnung von Ost (Bratislava) und West (Wien).
Klingt eigentlich nach einer großen Freundschaft: Stano Filko und Franz West, die beiden wichtigsten, aber auch schrägsten Konzeptkunst-Einzelgänger ihrer Länder, der Slowakei und Österreichs. Beide dachten sie in Räumen, mochten das Spiel mit der Sprache, mit dem Fotokopierer, mit einer Optik des Gebastelten, Unvollendeten. Außerdem gehörten sie derselben Generation an, Filko, geboren 1937, war nur zehn Jahre älter als sein Wiener Kollege, dessen Atelier doch nur 80 Kilometer weit von seinem bei Bratislava lag. Und doch, es lagen Welten zwischen ihnen. Man weiß nicht einmal, ob die beiden sich persönlich kannten.
Als Stano Filko 2015 starb, hatte man gerade erst begonnen, das Werk dieses sich auch als wunderlichen Außenseiter Inszenierenden international zu entdecken, während Franz West bei seinem Tod 2012 einer der großen internationalen Stars der Gegenwartskunst war. Er hatte einen freien Markt zur Verfügung, die Wiener Schule der Philosophie und der Psychoanalyse, mit denen er seine Werke, seine Pappmaché-Objekte und seine ObjektSessel auflud. Er hatte eine andere weltweite Lobby als Filkos verschrobener Sci-FiBuddhismus mit seinen farblich abgestuften Seins-Chakren.
Spielt West mit unserem Unbewussten, spielt Filko mit unserem Hang zur Utopie, zur eskapistischen Weltflucht, die er und viele seiner Künstlerkollegen aus dem Osten im Kommunismus entwickelten. Führt also West in unser Inneres, will Filko uns über dieses hinaus führen.
Indiskrete Einblicke ins Unbewusste
Es ist deshalb ein kleines Sinnbild für das Doppel dieser zwei Künstler, das Galerist Emanuel Layr in seinen Räumlichkeiten im ersten Wiener Bezirk arrangiert hat, wenn er eine bunte Leiter von Filko hinter einen weißen, organisch geschwungenen Paravent von West stellt. Indiskret fast – stiege man hier hinauf, könnte man tiefe Einblicke bekommen. Allerdings, es fehlt die Chaiselongue, die West hier gedacht hatte.
Es ist nicht zufällig, dass sich mit Layr ein Wiener Galerist in den vergangenen Jahren um die Vermehrung von Filkos Ruhm kümmerte; er konnte dessen Arbeiten in bedeutenden internationalen Museen platzieren. 2026 werde das Mumok Filko eine große Einzelschau auf vier Stockwerken ausrichten, erzählt er. Eine solche hat bisher gefehlt, man verhandle gerade weitere Stationen.
Auch in das Werk von West ist seit Dezember wieder Bewegung gekommen, jahrelang stagnierte diese wegen des Erbstreits, der jetzt zugunsten der Franz-West-Privatstiftung entschieden wurde („Die Presse“berichtete). So kommen endlich wieder wichtige Werke auf den Markt. Auch Layr bekam welche für diese Ausstellung, um die Verbindungen wie Gegensätze der beiden Künstler zu zeigen. Neben dem Paravent die Installation „Pièce pour 6 étudiants“von 1995, Kugeln und Monolithe in schwarz und weiß stehen dabei auf dementsprechenden Sockeln oder umgekehrt; in die jeweiligen Unterbauten sind nützliche Dinge eingebaut, ein Katzenklo etwa (mit Streu!), Bücherregale oder eine leere Rotweinflasche.
Das zentrale Werk von Filko ist eine blaue Rauminstallation mit Fenstern oder Durchlässen in Raketenform und mit einem Spiegelboden. Darin ein Sessel, auf den man sich setzen kann: DNA steht in Rot darauf. Rot steht in Filkos Farb-Ikonografie für die Körperlichkeit, die Existenz. Blau für den Kosmos. Auf seiner eigenen Beschaffenheit sitzend, kann man sich in dem Kabinett also wegschießen in eine andere Dimension. Gedanklich kann man es zumindest versuchen.