Ausstieg der ÖVP-Quereinsteiger steht bevor
Es wird eng auf den Listen der ÖVP für die Nationalratswahl – der Abschied von der Kurz-Ära geht weiter.
Es war gewissermaßen eine parteipolitische Zäsur, die unter Sebastian Kurz 2017 vollzogen wurde, zumindest auf der Bundeswahlliste der ÖVP. Dort stellte die Volkspartei fernab von Kurz ausschließlich Politneulinge ohne jedwede politische Hausmacht auf, sozusagen als Zeichen gegen die etablierte Politik. Damit zog 2017 gleich eine Reihe von Quereinsteigern ins Parlament ein; 2019 kamen zwar keine neuen hinzu, die Neulinge aus 2017 blieben aufgrund des Wahlerfolgs aber grosso modo erhalten.
Jetzt sind die Zeiten andere, Umfragen prognostizieren der ÖVP zweistellige Verluste – das würde bedeuten, dass man einen beträchtlichen Teil der derzeit 71 Nationalratsmandate verlieren würde. Auch die Zahl an Regierungsmitgliedern wird – so man überhaupt ab Herbst regiert – schrumpfen. Nicht wenige der aktuellen Minister würde man wenigstens in den Nationalrat zu bringen versuchen. Und: In mehreren Ländern bangen arrivierte Schwarze um den Einzug, weil die Zahl der über Landeslisten eingezogenen Abgeordneten in manchen Bundesländern enorm stark sinken dürfte. All das wiederum erzeugt Druck auf die Bundespartei, gestandene ÖVP-Politiker über die Bundesliste abzusichern.
Und dort ist es ohnehin schon eng: Mit sieben bis acht Mandaten über den Bundeswahlvorschlag wird in der Partei gerechnet, und die ersten Plätze sind Insidern zufolge an sich bereits vergeben: für Parteichef Karl Nehammer, die Parteimanager Christian Stocker und Bernhard Ebner, dazu kommen abzusichernde ÖVP-Promis wie Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler, die über die Salzburger Landesliste kein Fixmandat hat, oder ÖVP-Frauenchefin Juliane Bogner-Strauß – bis hin zu Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.
Dieser Tage hört man also im Parlament: Für die alten Quereinsteiger aus der Kurz-Ära stehen die Zeichen auf Abschied. Über Landesparteien oder Parteibünde, die sich für sie einsetzen, verfügt so gut wie keiner von ihnen. Über die ÖVP-Bundesliste im Nationalrat sitzen derzeit unter anderen Kira Grünberg, Rudolf Taschner, Maria Großbauer, Josef Smolle – und der in die Privatwirtschaft abgewanderte Kurz-Parteimanager Axel Melchior, bei dem unklar ist, ob er überhaupt noch antreten will. Großbauer kündigte bereits an, nicht mehr anzutreten, für Grünberg sollen die Chancen wie für alle anderen Türkisen ohne Hausmachten schlecht stehen – das gilt auch für den auf einem Wiener Mandat sitzenden Psychoanalytiker Martin Engelberg. Allenfalls werden der Unternehmerin Therese Niss und Taschner noch Chancen auf einen Platz im Hohen Haus zugestanden. Die Entscheidung über die Liste soll erst nach der im Juni stattfindenden EU-Wahl fallen.