Der Ghostbuster-Opi redet gut zu
„Ghostbusters: Frozen Empire“positioniert sich klar als Familienfilm. Und bemüht sich, wieder ein paar gute Geister in Hollywoods entseelte Spektakelwelt zurückzuholen.
Hollywood hat ein Gespensterproblem. Zum einen wird es seit gefühlten Ewigkeiten von Geistern der Vergangenheit heimgesucht: Wiedergänger popkulturell versteinerter Erfolgsfilme spuken durch die Studiohallen der Traumfabrik und verstopfen mit ihrem abgestandenen Ektoplasma die Kreativdrüsen verängstigter Filmschaffender. Zum anderen ähnelt die US-Blockbuster-Produktion selbst zusehends einem Phantom: Ihre aufgedunsenen Spektakel erinnern immer mehr an fadenscheinige Abbilder echter Filme, untote Digitalgerippe ohne Vitalenergie und Charakter.
Da müssen Profis ran. Und wen ruft man, wenn man Gespensterprobleme hat? Richtig: die Ghostbusters. Das wissen alle, denen der gleichnamige Kultfilm über vier ausgefuchste Geisterjäger aus New York – oder Ray Parker Juniors zugehöriger Pop-Dauerbrenner mit der eingängigen Synthesizer-Hookline – in den 1980er-Jahren Vergnügen bereitet hat. Wobei sich Geisterfallen und Protonenstrahler aus Plastik auch in Kinderzimmern von Nachgeborenen fanden.
Doch Nostalgie allein reicht nach Jahren der Retro-Berieselung nicht mehr aus, um Publikum anzulocken. Also versucht es „Frozen Empire“– der inzwischen fünfte „Ghostbusters“-Film, seit Freitag im Kino – mit einer anderen Strategie. Diese wurde von Jason
Reitman erprobt, im Vorgänger „Ghostbusters: Afterlife“. Der Sohn des unlängst verstorbenen Ursprungsfilmregisseurs Ivan Reitman verließ sich dort nicht nur auf oberflächliche Wiedererkennungseffekte. Vielmehr bemühte er sich um Gefühlstiefe und Nachhaltigkeit bei der Skizzierung neuer Figuren für die bunte Leinwandgeisterwelt.
Nun darf Gil Kenan, damals Reitmans Drehbuchpartner, ans Regiesteuer. Sein Film verankert die „Gostbusters“-Marke noch stärker im ertragreichen Branchenfeld der Familienunterhaltung. Die Protagonisten sind Kinder (Finn Wolfhard aus „Stranger Things“, Mckenna Grace) und ihre alternden (Stief-)Eltern (charmant unheroisch: Carrie Coon und Paul Rudd). Zu viert bilden sie ein sympathisches Kleinunternehmen, das im aufgebrezelten Hightech-Leichenwagen durch die Straßen des Big Apple düst und paranormale Plagen unschädlich macht.
Als die Patchwork-Sippschaft, ergänzt durch einen verantwortungsscheuen Millennial mit pakistanischen Wurzeln (Stand-up-Comedian Kumail Nanjiani), über ein mysteriöses sumerisches Artefakt stolpert, ruft das ältere Ghostbuster auf den Plan. Allen voran Dr. Raymond Stantz (Dan Aykroyd), der sofort Gefahr im Verzug wittert. Also setzen auch Ernie Hudson und Bill Murray ihre müden Knochen in Bewegung. Es ist erfreulich und „Frozen Empire“anzurechnen, dass der Film aus dem Beisein der alten Garde kein großes Aufheben macht, machen muss: Die netten Comedy-Opis (und Omi Annie Potts) sind hier einfach mit von der Partie und dürfen dem Nachwuchs gut zureden, wenn ihm die Geisterhatz über den Kopf wächst.
Wer sich von alledem einen Eventfilm der Superlative erhofft, sollte seine Erwartungen zurückschrauben. „Frozen Empire“bietet die Sparversion eines Fantasy-Abenteuers: Selten hat sich die Metropole New York im Kino so klein angefühlt wie hier, darüber können auch Skyline-Aufnahmen aus der Konserve nicht hinwegtäuschen. Viele Szenen wirken, als hätte man sie am Set einer Sitcom gedreht. Doch was es dem Film an Schauwerten mangelt, macht er mit Herz und einer soliden, bisweilen fast dynamischen Inszenierung im Geiste der frühen 1990er-Jahre wett.
Wo Paul Feigs weiblich besetzte „Ghostbusters“-Variation aus 2016 im Blödelbad unterging, achten Kenan und Reitman zudem auf eine ausgewogene Abmischung von Humor, Action und Sentiment – sowie auf eine gelungene Balance zwischen digitalen und analogen Effekten. Ein Film „wie früher“ist freilich auch diese Gruseldramödie nicht. Dafür fehlt es ihr doch zu sehr an Esprit. Aber im Bereich familientauglicher Zeitvertreibe gibt es im Multiplex wahrlich Schlimmeres. Wer weiß – vielleicht kehren die guten Geister wieder nach Hollywood zurück?