Mit gepresstem Stroh zum ökologischen Haus
Auf den eigenen CO2-Fußabdruck achten und für gutes Wohnklima sorgen, lautet das Credo vieler Bauherren. Mit Stroh kommt man dem Ganzen durchaus ein gutes Stück näher. Über die Vor- und Nachteile von Strohballenhäusern.
Bis jetzt gibt es nur sehr wenige Häuser, die mit einer Dämmung aus Stroh errichtet werden. Dieser Baustoff fristet (noch) ein Dornröschendasein, obwohl Stroh gemeinsam mit Holz als eines der nachhaltigsten und ökologischsten Materialien gilt. Doch welche Schritte sind notwendig, damit aus dem geernteten Ausgangsmaterial ein idealer Baustoff wird? Und welche Voraussetzungen braucht es dazu? Denn für ein solches Haus werden gepresste Ballen benötigt. Und Stroh ist nicht gleich Stroh.
„Es gibt dafür zwei Möglichkeiten: Man kann das Stroh entweder direkt auf dem Feld verpressen, was aber den Nachteil hat, dass man wetterabhängig ist, oder man lagert das Stroh in einer Halle – so machen wir es. Vor dem Pressen wird es noch gesiebt und der Feinstaub abgesaugt, dann nach Anforderung der Kunden in den Maßen 50, 80 oder 120 cm gepresst“, erklärt
Bio-Strohballenproduzent Reinhard Appeltauer von der Firma Sonnenklee. Was die Qualität betrifft, müsse das Stroh frei von sogenanntem Beikraut, strohgelb und zertifiziert sein, weist Herbert Gruber, Obmann des Österreichischen Netzwerks für Strohballenbau (ASBN), auf die grundlegende Voraussetzung hin.
Schicht um Schicht
Für ein Haus aus lasttragendem Stroh brauche man wie für jedes Haus ein Fundament aus Beton oder Hohlblocksteinen, damit es nicht mit der Bodenfeuchtigkeit in Berührung kommt. „Man kann das Haus aber auch aufständern oder Streifenfundamente aus Beton setzen“, erklärt Gruber. Ist das erledigt, werden „die Strohballen aufeinandergeschichtet, mit Bambus vernagelt und mit Gurtenspannern komprimiert – so lang, bis die Setzung der Ballen beendet ist. Die Gurten verbleiben dann im Bau“, erläutert Winfried Schmelz, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauateliers.
Türen und Fenster werden ausgespart und mit einem „Blindrahmen aus Holz versehen, der die Last aufnehmen muss“, weiß Appeltauer. Auf das fertige Haus wird ein Dachstuhl aus Holz gesetzt, der ebenfalls mit Stroh gedämmt wird. Damit sich keinerlei Feuchtigkeit einschleichen kann, wird das Gebäude innen mit Lehmputz und außen mit Kalkputz versehen, der direkt auf die Strohballen aufgetragen wird. Probleme mit der Statik gebe es erst bei mehr als drei Stockwerken, erklärt Appeltauer.
Warum es dann nicht mehr Häuser aus lasttragenden Strohballen gibt, lässt sich mit den Vorurteilen erklären, die in Bezug auf den Baustoff existieren. Öfters genannt werden Probleme mit Schimmel, Feuchtigkeit oder Brennbarkeit, die sogleich von den Strohbauexperten entkräftet werden. Durch die Pressung komme es nicht zu Schimmelbildung und die Innen- sowie Außenputze verhinderten eindringende Feuchtigkeit. Zudem entsprechen Strohballen der Brandschutzklasse E90, das bedeutet, dass sie 90 Minuten lang einem Brand standhalten können.
Kein Matsch, keine Abfälle
Außerdem seien die Häuser sehr langlebig, die Strohballen haben eine Zertifizierung für mindestens 50 Jahre, halten aber durchaus länger. „Und allein die Baustelle ist ein Vergnügen: kein Dreck, kein Matsch, keine Abfälle, man riecht nur das Stroh und das Holz“, schwärmt Schmelz und hebt das gesunde Raumklima durch die bauphysikalischen Eigenschaften wie die Wärmespeicherfähigkeit, Feuchtigkeitsregulierung und Schalldämmung hervor.
Und wie sieht es nun mit den Baukosten aus? Obwohl Stroh als natürliches Abfallprodukt der Landwirtschaft gilt und kostengünstiger sein sollte, ist eine Finanzierung nicht niedriger als bei einem herkömmlichen Haus. „Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass das Meiste händisch gemacht werden muss“, sagt Gruber. Ein weiteres Problem sei es, „überhaupt Firmen zu finden, die zum Beispiel Erfahrung mit Lehm- oder Kalkputz haben“, weiß Appeltauer. All die Vorteile hin, die Nachteile her – die Experten sind einig, dass Strohballenhäuser zwar sehr langsam, aber auch stetig an Bedeutung gewinnen werden.