„Wo Liebe ist, ist Auferstehung“
Ferdinand Kaineder, als Präsident der Katholischen Aktion Österreich „ranghöchster“Laie, ist von Papst Franziskus enttäuscht. Reine kircheninterne Selbstbeschäftigung lehnt er ab.
Die Presse: Im Zusammenhang mit Kirche wird in der Öffentlichkeit meist ausschließlich über Reformen oder Nichtreformen gesprochen, über den Kirchenkurs, über den Glauben selbst wenig. Finden Sie das als Präsident der Katholischen Aktion Österreich nicht schade?
Ferdinand Kaineder: Es braucht beides. Sowohl das strukturelle Betrachten der Kirche als vor allem auch den Inhalt unseres Glaubens. Ich bin ja sehr froh, nachdem wir jetzt auf Ostern zugehen, dass das eine gute Gelegenheit ist, die Inhalte, also die Kerninhalte unseres christlichen Glaubens, zu artikulieren. Nicht nur zu besprechen, sondern auch zu befeiern, zu betrachten, zu begehen und sozusagen als Lebensausdruck zu tun.
Aber das passiert immer seltener. Die Zahl der Kirchenbesucher geht ja immer mehr zurück.
Ja, das stimmt. Also die, die sich wirklich im Kirchengebäude einfinden, die werden vielleicht dort und da weniger. Gerade die hohen Feiertage, Weihnachten, Ostern, Pfingsten, sind zum Großteil schon sehr, sehr gut besucht. Ich nehme auch wahr, dass das Thema des Glaubens öffentlich, medial präsent gehalten wird. Und deswegen haben Leute sozusagen haptisch das Bedürfnis, das zu erleben, gemeinsam zu singen, sich zu treffen, zu feiern.
Aber laut Umfragen glauben zwei Drittel der Österreicher nicht an die Auferstehung Jesu Christi. Das ist die zentrale Botschaft von Ostern. Ist das jemals reversibel zu machen? Hat da die Kirche nicht versagt?
Aber woran die meisten Leute schon festhalten, das ist die Hoffnung, dass der Mensch eigentlich über sich hinaus geht. Was wir mit der Auferstehung sozusagen auch begreifen müssen. Für mich zeigt die Karwoche ja eine unglaublich schöne Dramatik des Lebens. Diese Begeisterung für einen Menschen, der für Inklusion, für das Heilen, das Zuhören oder auch die bildhafte Sprache gestanden ist. Und dann dieses Drama des Sterbens, dass ein Mensch, der wirklich für Gerechtigkeit, Fairness, Liebe, Menschenachtung steht, stirbt. Die Osternacht ist im Grunde so etwas wie die Aufrichtung des Lebens, oder die Erweckung zum Leben.
Was ist für Sie persönlich das Wichtigste am Osterfest?
Für mich persönlich ist das Wichtigste diese Person Jesu, die sich ganz und klar eingelassen hat auf die Menschen. Und ich glaube, er hat uns eine tiefe Frage damit hinterlassen: Wie kommt mehr Liebe in diese Welt? Das ist für mich Ostern: Dort, wo Liebe ist, dort ist Auferstehung.
Trotzdem, nochmals, wird die Kirche eben nicht als Institution wahrgenommen, die sich mit Glaubens- oder Sinnfragen beschäftigt, sondern eher mit Strukturfragen, internen Fragen. Wird das dem eigentlichen Auftrag gerecht?
Eine Selbstbeschäftigung ist aus meiner Sicht nicht zielführend. Zielführend ist, in dieser Spur Jesu zu bleiben. Es war und ist immer das Tun mit den Menschen im Vordergrund. Die Wahrnehmung, dass wir uns mit uns selbst beschäftigen, entspricht nicht ganz dem, was sozusagen das Lebewesen Katholische Aktion betreibt. Weil ein paar Kirchenreformen anstehen, ist der Fokus der öffentlichen Wahrnehmung eher darauf gerichtet. Aber prinzipiell geht es um das ganz praktische Jesuanische, das christliche Leben zusammen, anderen zu helfen, zuzuhören usw. Was wir tun, Tag für Tag.
Und warum gelingt es nicht, das außerhalb der Kirchenräume deutlicher zu machen, beispielsweise mit öffentlichen Veranstaltungen, mit einem Katholikentag oder Glaubensfest?
Die Frage ist ja, ob das dem entspricht, was Jesus gemacht hat. Jesus hat nicht Katholikentage veranstaltet, sondern in einer intensiven Begegnung und Hinwendung zu den Menschen ist das vor sich gegangen, was Kirche ist. Der große Paukenschlag eines Katholikentags ist jetzt in dieser Konstellation nicht wirklich möglich.
Was heißt in dieser Konstellation?
Diese ganz großen Bewegungen aus dem kirchlichen institutionellen Milieu sind heute nicht machbar. Wir als Katholische Aktion beteiligen uns, lassen uns auch inspirieren, wo Menschen gemeinsam so wie bei der sozial-ökologischspirituellen Transformation gehen, wo es darum geht, der Demokratie wieder ein sehr menschliches und liberal verfasstes demokratisches Gesicht zu geben. Was wir wollen, ist, dass wir diesem jesuanischchristlichen Leben in unserer Gesellschaft sozusagen immer wieder Gesichter geben.
Was ist das Spezielle an diesem Jesuanischen?
Das Zentrale ist das Geöffnet-Sein. Geöffnet, dass uns das Geheimnis des Lebens, wir nennen es Gott oder Vater, Mutter und Himmel, begegnen und entgegenkommen kann.
Jetzt kommen wir doch noch zum Strukturellen. Vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus einige besonders strittige Themen wie Diakoninnen oder verheiratete Priester von der Weltsynode im Herbst ausgeschlossen und in Expertengruppen delegiert. Sind Sie darüber enttäuscht?
Da bin ich etwas verwundert …
Verwundert oder enttäuscht?
Auch enttäuscht.
Hat Papst Franziskus Angst vor der eigenen Courage bekommen?
Ich glaube, dass im Vatikan sehr Konservative mehr Einfluss gewinnen.
Vielleicht ist der Papst gar nicht so reforminteressiert, wie er nach außen scheint?
Die tiefste Reform, die der Papst eingeleitet hat, war ja nicht, sofort die Ämterfrage aufzumachen, sondern diesen breiten Raum der gemeinsamen Beratung, in dem alle Fragen der Zeit Platz haben.
Welchen Sinn hat diese Weltsynode, wenn viele wichtigen Fragen herausgenommen sind?
Ich bin heilloser Optimist. Ich hoffe auf Überraschungen, die im Herbst passieren können bei der Bischofssynode.