Marianne Jungmaier
Mutterhasel
im Frühling zerstäubt der Wind kleine Würste und Gedanken zu gelben Wolken und formt sie zu Neuem bei Regen sitzen Tauben im Geäst und leuchten die lindgrünen Blätter hier habe ich Raum hier schmeckt der Tee süß hier atmet es mich jeden
Morgen beständig hier nimmt der Mischwald dem Horizont seine Schärfe hier ist mein Glück ein Wald aus Licht der in drei Farben schnurrt und seine Krallen tief in meine Haut fährt niemals wollte ich an diesen Ort zurück doch die Einsamkeit ist meine Heilung
(Winter wie Sommer) dieser Blick ist mir Trost und Weite zugleich nichts haftet sanft bewegt sich das vielblättrige Panoptikum an dem ich Worte forme und finde
tiefen
an den Ufern der Alpen liegt bemoost und befeuchtet der Fels mir zu Füßen vergoldet im Herbstlaub in Steinform gefalteter ewiger Kreislauf und wartet besandet von Buchten wo Nixen und Nymphen den Schluchten entschwimmend ihr Lied anstimmen dem Spiegel zum Trotz und dem Erla zur Ehre im Spiel mit dem Wind stellt schäumend in Kronen einzig der See die Frage nach dem Grund
Sommerfalter
am Tritt über die Schwelle verlässt sich das Licht eröffnet die Kathedrale ein Strahlen in den Schatten eine Melodie aus Momenten am Fels bestillt ein Zauber gurgelnd die Hast wo Ast Haus ist und Wipfel Blick ein Streben nach Sonne und Unsterblichkeit wo immer Herbst ist und Frühling (und Tod) am Pfad der Schweigenden die von Sonne zehren und ohne Worte sprechen folg ich am Bachlauf ganz ohne Schwerkraft dem Flug der Sommerfalter
Marianne Jungmaier, geboren 1985 in Linz, lebt in Oberösterreich. Studien der Kulturwissenschaften, Medien und Journalismus. Die Gedichte stammen aus ihrem soeben erschienenen Band „Gesang eines womöglich ausgestorbenen Wesens“(Otto Müller Verlag).