Wenn Puccini an Lehár-Operetten erinnert
„La Rondine“hat heute Premiere. Mit einem neuen Schluss. Dirigent Alexander Joel erklärte der „Presse“, warum er einen solchen gebastelt hat. Und warum uns die Figuren Puccinis so nahegehen.
„Dieses Werk ist Puccini pur, ich hatte mir schon lange gewünscht, diese Oper zu dirigieren“, schwärmt Dirigent Alexander Joel. Dass „La Rondine“weniger bekannt ist als andere Opern Puccinis, liege keinesfalls an den Melodien, meint er. Eher an der Dramaturgie der Geschichte rund um die Mätresse Magda, ihren Liebhaber Ruggero und ihren reichen Gönner Rambaldo. Sie schrecke manche Regisseure ab, meint Joel: „Die Musik hat eine große Dramatik, die die Handlung nicht ganz hergibt.“
Auch deshalb hat er nun ein neues Finale aus Motiven der Oper zusammengestellt. „Ich habe einen Walzer, das allererste Duett, das Liebesmotiv, das schon am Anfang vorkommt, und die berühmte Arie der Loretta zu einer Collage verbunden, sodass alles gut ineinanderfließt“, erklärt er: „Puccini endet seine Opern oft mit Hauptmotiven aus dem jeweiligen Werk, etwa in ,La Bohème‘, ,Turandot‘ , ,Madama Butterfly‘ und ,Tosca‘ . So kam uns die Idee, auch hier die wichtigsten Melodien noch einmal einzubringen.“
Im ursprünglichen Finale, das Puccini mehrfach adaptiert hat, endet „La Rondine“mit einem Akkord im Piano. „Dieser wurde komplett gestrichen, aber ansonsten ist jeder
Ton aus der Oper selbst, ich habe nichts dazu komponiert, sondern alles ganz im Sinne von Puccini zusammengefügt“, sagt Joel.
Inszeniert hat Volksoperndirektorin Lotte de Beer selbst. Sie setzt der musikalischen Collage am Schluss eine Hommage an die großen Frauenfiguren Puccinis wie Tosca, Butterfly und Mimì entgegen. Angekündigt wird auch ein kritischer Blick auf typische Klischees, die weibliche Figuren in Opernlibretti oft zeigen. Dazu wird die weibliche Hälfte des Buffo-Paars aufgewertet: Lisette greift in die Handlung ein.
Er sehe in „La Rondine“viele Parallelen zu anderen Opern Puccinis, erklärt Joel: „In den Harmonien spürt man ,Turandot’, hier kommt immer wieder auch die Pentatonik durch. Es gibt Walzer wie in ,La Bohème‘ , Stellen, die wie ,Madama Butterfly‘ klingen, sowie Zitate aus ,Gianni Schicchi‘ . Und wie in ,Tosca‘ , ,Turandot‘ und ,La Bohème‘ hat er in ,La Rondine‘ bewusst humorvolle Elemente eingebaut. Gerade die Mischung in seinen Melodien macht seine Musik ja so lebendig. Wo andere ausschließlich tragisch schreiben, kommen bei Puccini durch die leichtfüßigere Musik die Menschlichkeit und die Möglichkeit der Identifikation dazu. Deshalb gehen uns seine Figuren so nahe.“
Der Form nach ist „La Rondine“eine Oper, sie sei aber mit vielen Elementen der Wiener Operette durchdrungen, sagt Joel: Er sieht Parallelen zu Lehárs „Die Lustige Witwe“und zahlreiche wienerische Anklänge: „Beispielsweise die großen Geigensoli – sie erzeugen eine ähnliche Atmosphäre wie in den großen Wiener Operetten. ,La Rondine‘ ist quasi: Puccini meets Lehár.“
Schon die erste Aufführung des Werks in Österreich war an der Volksoper: 1920, im Beisein Puccinis. Für die beiden Hauptdarsteller ist es ein Hausdebüt: Die schwedische Sopranistin Matilda Sterby, die schon die Figaro-Gräfin in Hannover und in Klagenfurt sowie Mimì in Karlsruhe gesungen hat, gibt die Magda, Leonardo Capalbo, zuletzt als Don José am Gran Teatre del Liceu und Pinkerton am Teatro Real in Madrid, den Ruggero. Als Buffo-Paar sind Rebecca Nelsen und Timothy Fallon zu sehen.