(Fast) Alle wollen über Ott reden
Egisto Ott dominierte die Befragungen, die zu Streitereien führten. Eine Ex-BVT-Referatsleiterin erzählte von ihrer Zusammenarbeit im „Russen-Bereich“.
Ob Egisto Ott am Mittwoch in seiner UHaftzelle Schluckauf plagte, ist nicht bekannt. Angesichts der emotionalen Debatten um seine Person im U-Ausschuss zum „rotblauen Machtmissbrauch“würde es jedenfalls nicht überraschen. Der Spionageskandal rückte die Befragungen rund um die türkis-blaue Kassenreform und geschredderte Akten im Ressort von Beate Hartinger-Klein (FPÖ) in den Hintergrund.
Denn der mediale Fokus richtete sich am Nachmittag auf die zweite Geladene, eine ehemalige Referatsleiterin im Verfassungsschutz (BVT). Die Mitarbeiterin zeigte sich sehr auskunftsfreudig, verwies aber darauf, dass sie und Ott generell wenig Kontakt gehabt hätten. Allerdings: Ab 2007 habe sie mit ihm im „Russen-Bereich“begonnen, womit sie meinte, dass sie gemeinsam im Bereich der Einflussnahme Russlands nach der EUOsterweiterung tätig gewesen seien. Sie habe etwa überwacht, welche Personen die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Zur Frage, ob Ott ein Job im „neuen BVT“nach der Razzia versprochen worden sei, habe sie keine Wahrnehmung. Die ÖVP hatte zuletzt ein Organigramm präsentiert, in dem Ott ein Posten zugeschrieben stand.
Streit um Zulässigkeit der Fragen
Auch zur Razzia selbst wurde sie befragt, die damals mit Anschuldigungen gegen BVT-Beamte begründet worden war. Sie nannte die Hausdurchsuchung „martialisch“und „brachial“, letztlich sei nichts von den Anschuldigungen gegen sie übrig geblieben. Sie habe sich lang gefragt: „Warum ich?“
Angesichts der Auskunftsfreude entbrannte eine emotionale Debatte, inwiefern die Causa überhaupt behandelt werden darf. Verfahrensrichterin Christa Edwards betonte, dass es „verständlich“sei, dass sich die Öffentlichkeit erwarte, die Vorwürfe zu behandeln. Doch weder Russland noch Jan Marsalek noch Ott seien Teil des Untersuchungsgegenstands (siehe Artikel rechts). Edwards und der Verfahrensanwalt warfen bei den Antworten der Befragten mehrfach ein, dass Antworten „nicht ins Blaue ausarten“dürften, was für Widerstand bei ÖVP, Grünen und Neos sorgte.
„Das wird so oder so ins Blaue ausarten“, sagte Hanger mit Verweis auf die FPÖ und replizierte, dass er über Edwards Einwände „verwundert“sei. Yannick Shetty (Neos) replizierte, dass jede Auskunftsperson „völlig frei“antworten dürfe. Vorsitzender Wolfgang Gerstl (ÖVP) wartete mit einem interessanten Vorschlag auf: „Egisto Ott kann ja geladen werden, er kann sich ja nicht entschuldigen im Moment.“
Meri Disoski (Grüne) betonte, dass die Tangente zu Ott mit den Chats des Ex-FPÖAbgeordneten Hans-Jörg Jenewein gelegt und damit der Bezug zum Untersuchungsgegenstand gegeben sei. SPÖ-Fraktionsführerin Eva-Maria Holzleitner ermahnte die Kollegen, sich an die „Spielregeln“zu halten. Daraufhin gerieten Shetty und Holzleitner recht heftig aneinander. Eine Stehung aller Fraktionen mit der Verfahrensrichterin folgte im Anschluss, um die Gemüter zu beruhigen.
Die Befragung von RH-Präsidentin Margit Kraker verlief vergleichsweise ruhig. Auskunft gab sie rund um Vorwürfe von Beratungsaufträgen der Ex-Ministerin Hartinger-Klein (FPÖ) im Zuge der Fusion der Krankenkassen unter Türkis-Blau. Dass die Aufträge teils mündlich erfolgt seien, habe der RH gerügt, sagte Kraker. Laut Grünen geht es um zehn Millionen Euro an Beratungsleistungen sowie um 30 Millionen im EDV-Bereich.
Hartinger-Klein verzögerte sich
Dass Akten aus dem Ressort von HartingerKlein als „privat“eingestuft wurden und damit auf 25 Jahre nicht eingesehen werden können, teils auch vernichtet worden sein sollen, hatte bereits für Empörung gesorgt. Hartinger-Klein hätte diese freigeben können, tat das bis dato aber nicht. „Wurde Hartinger-Klein um Freigabe der Akten vom RH gebeten?“, fragte ÖVP-Mandatarin Carina Reiter Kraker. Auf Nachfrage bei ihr habe die Ex-Ministerin darauf verwiesen, dass „alle Akten“geliefert worden seien, unter anderem eine „CD-ROM“. Kraker: „Auf Nachfrage haben wir vom Ministerium erfahren, dass dieser Datenträger nicht auffindbar ist.“Die Befragung von Hartinger-Klein verzögerte sich unterdessen bis nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe.