Laienleiden Leitkultur: Sinnvoll? Gefährlich?
Dissens bei den beiden großen Dachorganisationen. Und was sagen die Bischöfe? Sie schweigen.
Katholische Aktion gegen Katholischer Laienrat: Wenn es um die von der ÖVP unter Parteichef Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab initiierte Leitkulturdebatte geht, könnten die inhaltlichen Differenzen in der katholischen Kirche kaum größer sein. Zumindest unter den Laien.
Österreichs katholische Bischöfe selbst haben zu dieser Debatte bisher wenig beigetragen. Eigentlich gar nichts. Sie schweigen.
Wird der Leitkulturbegriff weniger verwendet, „Gemeinsamkeit zu schaffen und zu stärken, als dazu, auszugrenzen, zu spalten, zu trennen, gesellschaftliche Gruppen zu stigmatisieren und gegeneinander auszuspielen“? So sieht das die Katholische Aktion laut einer Aussendung nach einer jüngsten Präsidiumssitzung, der als Präsident Ferdinand Kaineder vorsteht.
Aufruf zur Debatte
Oder ist eine Diskussion über eine Leitkultur die „Chance zur Reflexion darüber, was für uns als österreichische Gesellschaft wertvoll ist“? So sieht das ein weiterer Präsident der Laien, Wolfgang Mazal. Der Chef des Laienrats ruft im „Kurier“sogar dazu auf: „Führen wir die Debatte konstruktiv! Wir könnten entdecken, was für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtig ist.“
Dem wiederum kann die Katholische Aktion wenig bis nichts abgewinnen. „Anstatt unsere Energie in dieser aufgeheizten Debatte zu vergeuden, sollten wir uns auf die wesentlichen Ziele und Probleme unserer Gesellschaft konzentrieren und gemeinsam Lösungen suchen“, heißt es von dieser Seite. Also was jetzt?
Die Pikanterie an der inhaltlichen Auseinandersetzung: Eigentlich ist Wolfgang Mazal der „Obere“der Laienvertreter. Wenngleich „sein“Laienrat noch unbekannter als die Katholische Aktion ist, die ihrerseits als Dachorganisation von Jungschar bis Arbeitnehmerbewegung fungiert. Im Laienrat ist sie aber nur als eine von vielen Organisationen und Einzelpersonen vertreten.
Links gegen rechts
Denn Wolfgang Mazal spricht (theoretisch) ebenso für die katholischen Verbände (CV, MKV) und eine breite Palette anderer kirchlicher Laienorganisationen, vom Opus Dei bis hin zu der Reformbewegung Wir sind Kirche. Wir sehen also: Das Geflecht der organisierten Laienverbände in der katholischen Kirche ist nicht unkomplex und wohl auch nicht mehr zu 100 Prozent zeitgemäß.
In der politischen Ausrichtung ist die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) nach klassischer Zuordnung deutlich weiter links zu verorten als der Laienrat. So fordert das Präsidium der KAÖ aktuell eine Debatte über politische Teilhabe, das Wahlrecht (kann nur bedeuten: auch für Nichtösterreicher) und raschere Einbürgerungen.
Wolfgang Mazal wiederum ist Mitglied des ÖVPnahen CV, war Mitglied des Expertenbeirats für Integration und damit einer der Berater von Sebastian Kurz. Der Begriff der Leitkultur habe in der Vergangenheit viele Höhen und Tiefen erfahren, sagt der Laienratspräsident in ORFs „Orientierung“. Ihm wäre es laut Katholischer Presseagentur ein Anliegen, „wenn wir ihn wieder in einem positiven Licht sehen und ihn als Leitstern in einer Diskussion darüber sehen, was uns in unserer Gesellschaft tatsächlich verbindet. Was führt uns zusammen, was eint uns? Und was verstehen wir unter dem gemeinsamen Kulturellen jenseits des rechtlich Normierten?“
Der Ausgang der Debatte ist offen. Vielleicht gibt es bei der Sommerversammlung der Bischöfe unter dem Vorsitz Franz Lackners weitere Beiträge. Es sei denn, die Debatte ist da verpufft – und gar so ernst war es der ÖVP auch wieder nicht mit der Leitkultur.