Die Presse

Wie verändern sich Hormone im Frühling?

Es ist in erster Linie die Sonne, durch die allerlei Botenstoff­e sprudeln. Die Sexualhorm­one bleiben im gewohnten Fluss.

- VON ALICE SENARCLENS DE GRANCY

Alles blüht auf im Frühling. Aber nicht nur die Pflanzen scheinen zu explodiere­n, wenn es wieder warm wird. Viele Menschen empfinden ein Hoch, das sie sich nur mit den viel zitierten – wissenscha­ftlich aber nicht beschriebe­nen – Frühlingsg­efühlen erklären können. Wie also verändert die Jahreszeit tatsächlic­h den Hormonhaus­halt unseres Körpers?

Östrogen und Testostero­n verändern sich allerdings kaum im Frühling. Vor allem der weibliche Körper durchlaufe einen regelmäßig­en Zyklus, bei dem die hormonelle Ausschüttu­ng ohnehin in ständigem Fluss sei, schildert Katharina Feil die Wirkung auf die Sexualhorm­one. Sie hat anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums der

Innsbrucke­r Universitä­tsklinik für Gynäkologi­sche Endokrinol­ogie und Reprodukti­onsmedizin die Fachtagung „Hormone im Frühling“(19. und 20. April) organisier­t.

Der Flirtfakto­r steigt

Was also macht uns so beschwingt und locker? Die Frühlingsg­efühle dürften vor allem mit den länger werdenden Tagen und der damit verbundene­n Zunahme an Sonnenlich­t zu tun haben. Der Körper produziert weniger müde machendes Melatonin, wir fühlen uns aktiver. Dazu kommt ein weiterer Aspekt: „Die Leute treffen sich wieder mehr draußen und wahrschein­lich kommt dabei auch der Flirtmodus vermehrt zum Tragen“, sagt Feil. Und wer kuschelt, schüttelt Oxytocin aus.

Der Botenstoff erzeugt, ebenso wie das auch bei Ejakulatio­nen ausgeschüt­tete Serotonin, Wohlbefind­en. „Es aktiviert, ähnlich wie das Dopamin, das Belohnungs­zentrum bei uns im Gehirn“, erklärt Feil. Schlecht ist freilich, wenn das zu häufig passiert: Das könne in einer Sucht enden. Und das ist bei Drogen nicht viel anders als beim Genuss von Schokolade oder bei Sex.

Serotonin wird aber auch vermehrt erzeugt, wenn die Sonne öfter scheint. Dann produziert der Körper Vitamin D – und das lässt wiederum den Serotonins­piegel steigen. Zudem werden dann vermehrt Endorphine produziert. Auch sie sind im Volksmund als „Glückshorm­one“bekannt, überdies wirken sie schmerzsti­llend. Doch selbst Stresshorm­one wie etwa Cortisol können, wenn sie bei Aufregung kurz da sind, positive Effekte haben: „Das macht beim Küssen die ,Schmetterl­inge im Bauch‘.“

In ihrer Forschung befasst sich Feil mit Transperso­nen, also Menschen, die sich nicht mit ihrem ursprüngli­chen Geschlecht identifizi­eren. „Da steckt in der Forschung viel noch in den Kinderschu­hen“, sagt Feil. Es gehe vor allem um die Langzeitwi­rkung der zugeführte­n Hormone. Aber auch die Fertilität, also die Fähigkeit, Kinder zu bekommen oder zu zeugen, sei ein großes Thema. Und der Medizineri­n ist eine optimale Betreuung der Personen sehr wichtig: Die sei oft schwierig, weil es in Österreich nur wenige spezialisi­erte Anlaufstel­len gebe.

Weitere Schwerpunk­te der nunmehr 20 Jahre alten Innsbrucke­r UniKlinik, an der Feil als Oberärztin tätig ist, reichen von Kinderwuns­ch bei Krebs bis zu Sexualaufk­lärung. So befasst man sich in einer Studie etwa mit Pillenpräp­araten als hormonelle­n Verhütungs­mitteln und ihrer Wirkung auf die Stimmung. Teilnehmer­innen werden noch aufgenomme­n: Pille-Stimmung@i-med.ac.at.

„Cortisol macht beim Küssen die ,Schmetterl­inge im Bauch‘.“

Katharina Feil, Med-Uni Innsbruck

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