Österreich als Stillstandsweltmeister
Neue Studien alarmieren ob adipöser Kinder, in Österreich fehlt das Verständnis für Bewegung. Sport Austria, Askö, Union und Asvö legen der Politik einen Neun-Punkte-Plan vor.
Treffen sich vier Präsidenten der Sportpolitik in Wiens Blutgasse, liegt nahe, dass ein Bündnis gedeiht. Und so war es nicht verwunderlich, dass Hans Niessl (Sport Austria), Peter McDonald (Sportunion), Hermann Krist (Askö) und Christian Purrer (Asvö) ein Anliegen präsentierten: der Dach- und die drei Sportverbände wollen Sport, Bewegung und Gesundheit im Wahlkampf als Themen instrumentalisieren und legen der nächsten Regierung ein „Neun-PunkteProgramm“vor.
Ist Österreich überhaupt sportinteressiert? Wer auf viele inexistente, dahinrottende oder (sommers) versperrte Sportstätten blickt, muss sich diese Frage stellen. Wer bewegungsarme Kinder und alarmierende Zahlen aus EUStudien im Hinblick auf Adipositas (laut WHO und HBSC jedes vierte Kind von elf bis 17) kennt, muss Optionen aufzeigen, „um ein gesünderes Leben zu sichern“, sagt
Niessl, „und der Volkswirtschaft Kosten zu ersparen“.
Prävention statt Reha
Damit die nächste Regierung, gewählt wird im September, nichts übersieht, wollte das Quartett ihr Programm „stellvertretend für 2,1 Millionen Mitglieder und somit viele Wählerstimmen“(Krist) vorab überantworten. Es reicht von der Absicherung (120 Mio. € pro Jahr Bundessportfördermittel samt Valorisierung), dem Eckpfeiler „Prävention statt Rehabilitation“(Ausrollung der Täglichen Bewegungseinheit, 150 Mio. € pro Jahr), einer Sportstättenoffensive (eine Milliarde Euro für fünf Jahre) über Beschäftigungsverhältnisse, Bekenntnisse zur Sportvielfalt, Events, Medien, Entlastung des Ehrenamts (3,7 Mio. Österreicher leisten unentgeltlich solche Arbeit) bis zur Fortsetzung von Spendenabsetzbarkeit und Gegensteuern von Teuerung respektive Inflation.
Was unbestritten viel Geld ist, sei flott gegengerechnet mit anderem. Da kannte der in Hochform parlierende Niessl mit „Erbsenzählern“keine Gnade: 2,4 Mrd. € Extrakosten fielen jährlich an, weil „der bewegungsresistente Österreicher“das Gesundheitswesen plage. Würde man „nachhaltig“planen, mit Vision und Wissen zu Bedarf („Trainer“), Not („Wo sind die Hallenbäder?“) und Sinn („Bewegung hält gesund!“) agieren, wäre der Bevölkerung geholfen. War Sport je Wahlkampfthema? Oder danach von Relevanz?
Weltmeister der „körperlichen Inaktivität“zu bleiben, wäre die endgültige Kultivierung des Stillstands mit Folgen für nächste Generationen. Über 15.000 Sportvereine gibt es, sie zu unterstützen, wäre kein politisches Eigentor. Eine (nicht ganz neue) Idee der Einnahmenquelle wartete Askö-Präsident Krist auf: „Warum werden Sportwetten nicht besteuert?“ Nur Casinos Austria und Lotterien leisteten Steuern, von denen der organisierte Sport prozentuell partizipiert. Alle anderen Wettanbieter nicht. Warum?
Obschon nicht jede Kampagne gut beschlagwortet anmutet, etwa „Sport auf Krankenschein“, ist jeder Vorstoß zu begrüßen. Ab 2025 sollen, forderte McDonald, nur noch Schulen gebaut werden, deren Sporteinrichtungen, „bezahlt von der öffentlichen Hand“, mit digitalen Schlössern sperren. Damit wären „faule Ausreden“obsolet. Welche Partei traut es sich aber zu, den stotternden Gesundheitsmotor zu mobilisieren? Niessl wird, die Mitgliederanzahl aller Vereine als Kapital, bei allen vorsprechen. Vor allem das Schulthema, seit nunmehr zwei Jahren an zehn Standorten weit gediehen, dürfe nicht mehr zugesperrt werden.
‘‘ Warum werden Sportwetten nicht besteuert? Nur Casinos und Lotterien leisten Abgaben! Hermann Krist Askö-Präsident