Wozu sich Lena Schilling verpflichtet hat und was sie (nicht) zahlen muss
20.000 Euro Strafe? Um Schillings Abkommen mit dem Paar Bohrn Mena ranken sich Mythen. Eine Buße droht erst für die Zukunft und sie wäre viel geringer.
20.000 Euro müsse Grünen-Politikerin Lena Schilling zahlen, wenn sie ihre Aussagen gegenüber einer früheren Freundin und deren Ehemann wiederholt. Das habe ein gerichtliches Verfahren ergeben. Sätze wie diese sind im Umlauf und wurden auch von mehreren Medien kolportiert. Doch wozu hat sich Schilling wirklich verpflichtet, und was kann ihr rechtlich drohen?
1 Was steht in dem Vergleich, den Schilling abgeschlossen hat?
Die grüne Spitzenkandidatin für die EUWahl, Lena Schilling, schloss einen sogenannten prätorischen Vergleich mit Sebastian Bohrn Mena (früher für die Liste Pilz aktiv, nun unter anderem Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens) sowie seiner Frau, Veronika, einer Publizistin. Demnach verpflichtet sich Schilling, künftig nicht zu behaupten, Bohrn Mena sei gegenüber seiner Frau gewalttätig geworden und sie habe ein Kind verloren. Auch, dass Sebastian Bohrn Mena im Zusammenhang mit einer von ihm betriebenen gemeinnützigen Bundesstiftung „wie die Mafia“agiere, darf Schilling nicht mehr sagen.
2 Wie entstand das Gerücht, Schilling drohten 20.000 Euro Strafe?
Als Streitwert legte man im Vergleich 20.000 Euro fest. Dieser Betrag dient im Vergleich aber nur dazu, die Kosten für Gericht und Anwälte zu berechnen. Man achtet dabei darauf, welchen Streitwert der Fall hätte, wenn man keinen Vergleich schließen würde, sondern es auf ein Gerichtsverfahren ankommen ließe. Dabei wären 10.000 Euro Streitwert pro Person realistisch, und es wären auf Klagsseite ja zwei Personen aktiv. Der Streitwert hat jedoch nichts mit einer möglichen Strafe zu tun.
3 Was ist und was bringt ein prätorischer Vergleich?
Es handelt sich um einen Vergleich, den man schließt, bevor noch jemand überhaupt eine Klage beim Bezirksgericht einbringt. Der Vergleich wird danach gerichtlich protokolliert, das Gericht gibt aber quasi nur seinen
Stempel darauf und prüft das zwischen den Streitparteien Festgehaltene nicht inhaltlich.
Der Vorteil für das Paar Bohrn Mena: Sie halten durch den Vergleich bereits einen Exekutionstitel in der Hand. Sollte Schilling ihre Aussagen wiederholen, kann das Paar damit direkt eine Strafe bei Gericht beantragen.
Der Vorteil des am 12. April geschlossenen Vergleichs für Schilling: Sie erspart sich eine Unterlassungsklage, die höhere Kosten als ein Vergleich verursacht. Und eine Klage wäre gerade zu Wahlkampfzeiten unangenehm gewesen, so lautete zumindest die theoretische Überlegung. Denn öffentlich wurde die Sache nun trotzdem.
4 Wären Verschwiegenheitsklauseln möglich gewesen?
Ja. Grundsätzlich kann man in einem Vergleich vereinbaren, dass man über dessen genauen Inhalt nicht redet. Man könnte sogar vereinbaren, dass man über die Existenz des Vergleichs nicht redet. Über Verschwiegenheitsvarianten wurde zwar auch verhandelt, aber nichts davon wurde in dem Vergleich schließlich protokolliert. Das Ehepaar Bohrn Mena hat inzwischen auch selbst öffentlich gemacht, dass sie es sind, die den Vergleich mit Schilling geschlossen haben.
5 Welche Kosten musste Schilling im Zuge dieser Auseinandersetzung bisher zahlen?
Rund 1600 Euro, sagt Schillings Anwältin Maria Windhager zur „Presse“. Darin umfasst seien die Kosten für die Anwälte beider Seiten sowie die Gerichtsgebühr in Höhe von knapp 436 Euro. Die Kosten habe Schilling selbst und nicht die grüne Partei übernommen, betont Windhager. Anderslautende Gerüchte dürften entstanden sein, weil zum Schutz von Schillings Privatadresse in dem Vergleich jene der grünen Bundespartei genannt wurde. Den Tipp, sich an die Medienrechtsexpertin zu wenden, hatten die Grünen Lena Schilling gegeben. Windhager hat schon mehrere Grün-Politiker vertreten.
6 Welche Kosten können Schilling noch drohen?
Der Vergleich legt nicht fest, ob dem Paar Bohrn Mena Schadenersatz für die von Schilling vor dem Vergleich getätigten Aussagen zusteht. Ob dem so ist, müsste ausjudiziert werden, bisher ist keine Klage dazu eingebracht worden. Eine Rolle würde dabei spielen, wem gegenüber und in welcher Form Schilling diese Aussagen getätigt hat.
Ein Problem hätte Schilling sicher, wenn sie die im Unterlassungsvergleich getätigten Äußerungen wiederholt. Für den Fall sieht der Vergleich kein konkretes Pönale vor, wie es z. B. in Deutschland üblich ist. Das Gericht würde also frei über das Pönale entscheiden. Dieses wäre aber nicht allzu hoch, meint der (am Verfahren nicht beteiligte) Rechtsanwalt Thomas Höhne. „Ein paar hundert Euro“würden für den ersten Verstoß fällig werden, etwa das Doppelte dann beim zweiten Verstoß, schätzt der von der „Presse“befragte Medienrechtsexperte.
7 Wer bekäme Geld, wenn Schilling gegen den Vergleich verstieße?
Eine etwaige Strafzahlung müsste Schilling an den Staat und nicht an das Paar Bohrn Mena leisten, wie Windhager sagt. In der Praxis kommt es aber auch laut Höhne nur selten vor, dass Leute nach einem Vergleich die strittigen Äußerungen wiederholen. Ob auf Schilling wegen Behauptungen über andere Personen noch weitere Rechtsstreitigkeiten zukommen, blieb am Freitag unklar.