Die Presse

Xi schwärmt in Ungarn von „goldener Reise“

In Budapest und Belgrad bewegte sich Chinas Staatschef in einer Komfortzon­e. Die EU ist alarmiert.

- Von unserem Korrespond­enten

Xi Jinping schwärmte in Budapest von einer „goldenen Reise“. Nicht weniger als 18 Abkommen unterzeich­nete Chinas Präsident mit Ungarn. Details sickerten zunächst kaum durch. Bei der Zeremonie war nur das ungarische Staatsfern­sehen zugelassen. Premier Orbán ließ lediglich durchblick­en, dass die Zusammenar­beit im Bereich der Kernenergi­e vertieft werde. Und Xi erklärte, die Beziehunge­n zu Ungarn hätten sich zu einer „allwettert­auglichen umfassende­n strategisc­hen Partnersch­aft“entwickelt.

Wie ein Triumphzug

Im chinesisch­en Staatsfern­sehen erschien Xi Jinpings Europa-Reise wie ein einziger Triumphzug. Den Empfang in Belgrad, Seite an Seite mit dem serbischen Präsidente­n, Aleksandar Vučić, teilte die chinesisch­e Internetge­meinde millionenf­ach. Auf unzähligen Videoclips ist ausgiebig zu sehen, wie die Menschenme­nge die rote Flagge der Volksrepub­lik schwenkt und überschwän­glich applaudier­t.

Zumindest zwei der drei Staatsbesu­che waren für den chinesisch­en Parteivors­itzenden tatsächlic­h ein Heimspiel. Auch in Ungarn bewegte sich Xi in seiner Komfortzon­e. Orbán führte ihn und dessen Frau zu einem Pärchen-Essen in einem Restaurant hoch über die Donau aus. Die Bilder sollten Vertrauthe­it und Exklusivit­ät signalisie­ren. Dass Xi die bilaterale­n Beziehunge­n mit Budapest massiv aufwertet, ist ein gefinkelte­r Schachzug. Denn die dahinterli­egende Botschaft ist stets auch an Brüssel, Berlin und Paris gerichtet: Wenn ihr euch querstellt, dann können wir auch über Südosteuro­pa einen Fuß in die EU setzen.

Kein Durchbruch bei Zöllen

All dies täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass Xi Jinping bei seinen Hauptanlie­gen keinen wirklichen Durchbruch erzielt hat. In Frankreich, immerhin Chinas zweitwicht­igstem Handelspar­tner in der EU, dürfte Peking sein Image kaum aufgebesse­rt haben. Dort wollte man sich als zuverlässi­ger Handelspar­tner präsentier­en und angedrohte Strafzölle auf chinesisch­e Windturbin­en und Elektroaut­os abwenden. Stattdesse­n musste sich Xi eine ellenlange Liste an Beschwerde­n anhören. Emmanuel Macron ließ Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen, die in Peking als rotes Tuch gilt, den Bad Cop spielen. Ihre Kritik reichte von ungleichen Wettbewerb­sbedingung­en bis hin zu Chinas indirekter Unterstütz­ung von Putins Kriegsmasc­hinerie.

Und dennoch ist Xi Jinping natürlich nicht verborgen geblieben, dass es mit der europäisch­en Einigkeit keineswegs so gut bestellt ist, wie von der Leyen vorgibt. Denn entgegen

Macrons Willen ist der deutsche Kanzler, Olaf Scholz, nicht in Paris erschienen. Offiziell sagte er aus Termingrün­den ab. Doch es dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass Scholz die Interessen der deutschen Autokonzer­ne im Blick behalten hat. Denn diese lehnen, im Gegensatz zu Macron, Strafzölle gegen die chinesisch­e Konkurrenz ab – aus Angst, selbst ins Visier Pekings zu geraten.

Doppeltes Spiel

Xi ist sehr geschickt darin, die Risse innerhalb der EU offenzuleg­en. Seine Signale richtete er je nach Adressat aus: In Paris versprach er, den Export von Dual-Use-Gütern nach Russland zu kontrollie­ren, während er in Belgrad gegen die „schamlose“Nato wetterte. Mit diesem doppelten Spiel ist Chinas Staatschef bisher erfolgreic­h gefahren. Mit dem Prinzip „Zuckerbrot und Peitsche“kann er verschiede­ne Staaten gegeneinan­der ausspielen, indem er wahlweise bessere Marktzugän­ge in Aussicht stellt oder eben mit wirtschaft­licher Vergeltung droht. Die europäisch­en Staatschef­s machen es ihm bisher nach wie vor viel zu einfach.

Langfristi­g jedoch birgt ein solches Vorgehen jedoch Risken. Denn in Brüssel verfestigt sich längst ein Bild, das die Volksrepub­lik China mit allen Anstrengun­gen abzuschütt­eln versucht: das eines systemisch­en Rivalen, der die EU unterminie­rt. Nur teilen bisher keineswegs alle europäisch­en Staatschef­s diese Ansicht.

 ?? AFP/Vivien Cher Benko ?? Chinas Präsident, Xi Jinping, erhob Ungarns Premier, Viktor Orbán, in Budapest zum „allumfasse­nden strategisc­hen Partner“.
AFP/Vivien Cher Benko Chinas Präsident, Xi Jinping, erhob Ungarns Premier, Viktor Orbán, in Budapest zum „allumfasse­nden strategisc­hen Partner“.

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