Der Herrscher über Frankreichs letzte Bastion in Zentralafrika
Mahamat Déby sichert durch Präsidentenwahl seine Macht ab. Paris setzt auf ihn, doch er streckt seine Fühler auch nach Moskau aus.
Seit mehr als drei Jahrzehnten krallt sich die Familie an die Macht im Land. Erst regierte Langzeitpräsident Idriss Déby Itno den Tschad mit harter Hand. Jetzt ließ sich sein Sohn Mahamat Idriss Déby Itno im Amt des Staatschefs bestätigen. Die Behörden des Tschad teilten nun mit, dass er bei der Wahl 61 Prozent der Stimmen erhalten habe. Bei seinem Weg an die Spitze gibt es viele Ungereimtheiten. Nur wenige Monate vor der Wahl wurde einer seiner wichtigsten Herausforderer erschossen. Doch westliche Kritik blieb bisher weitgehend aus. Denn der Tschad ist die letzte Bastion Frankreichs in Zentralafrika. Und Déby junior hat sich rechtzeitig in alle Richtungen abgesichert.
Seine Familie ist seit Langem mit Frankreich verbündet. Doch Ende Jänner besuchte Mahamat Déby in Moskau den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Das sei auch ein klares Signal an Paris gewesen, berichtet Gerald Hainzl der „Presse“. „Déby will zeigen, dass er auch andere Möglichkeiten hätte, falls es zu starke Kritik des Westen geben sollte“, sagt Hainzl, der am Institut für Friedenssicherung und Konfliktmanagement der Landesverteidigungsakademie in Wien zu afrikanischer Sicherheitspolitik forscht.
Druck auf Frankreich
In der Region tobt ein internationaler Machtkampf. Russland hat die ehemalige Kolonialmacht Frankreich aus mehreren Länder hinausgedrängt: aus der Zentralafrikanischen Republik sowie aus Mali, Burkina Faso und Niger, wo nach Staatsstreichen die neuen Militärherrscher Kontakt zum Kreml aufnahmen. Russland stützt die dortigen Regime militärisch – erst mit der Söldnertruppe Wagner, jetzt mit dem sogenannten Afrika-Korps.
„Russland zeigt dort, das es ein Garant für die Stabilisierung von Regimen ist“, schildert Hainzl. Das sei für Herrscher in der Region durchaus attraktiv. Und Déby versuche, in dem Machtspiel das Beste für sich herauszuholen. Noch steht er aber weiterhin an der Seite Frankreichs.
Sollte sich auch die Führung des Tschad abwenden, wäre das für Paris eine strategische Katastrophe. Frankreich
musste seine Truppen auf Druck der dortigen Militärführung bereits aus Niger abziehen. Und auch die 1000 US-Soldaten, die als Teil einer Operation gegen Jihadisten in Niger stationiert sind, wurden zum Verlassen des Landes aufgefordert. Vergangene Woche bekamen die Amerikaner auf ihrer Basis in der Hauptstadt Niamey bereits ihnen nicht gerade genehmen Besuch: In einem anderen Teil des Stützpunktes bezogen russische Militärausbildner Quartier – mit dem Sanctus von Nigers Regierung.
Auch aus dem Tschad mussten die USA vorerst 75 Elitesoldaten abziehen. Die dortige Militärführung hatte darauf gedrängt, was wohl ebenfalls ein Warnsignal vor der Präsidentenwahl gewesen sein könnte. Die Franzosen sind aber weiter mit 1000 Soldaten im Tschad präsent. Paris hatte bereits den Vater und Vorgänger des nun gewählten Präsidenten militärisch unterstützt, etwa während des Angriffs von Rebellen auf die Hauptstadt N‘Djamena 2008. Die Attacke der Aufständischen überschattete damals den Beginn einer
EU-Mission zum Schutz von Flüchtlingen im Ost-Tschad, an der sich auch Österreich beteiligte.
Idriss Déby konnte sich – mithilfe Frankreichs – lange Jahre weiter an der Macht halten. Kurz nach seiner Wiederwahl im April 2021 brach eine Revolte im Norden des Landes aus. Bei einem Frontbesuch wurde der Staatschef getötet, angeblich durch feindlichen Beschuss. Danach übernahm eine Militärregierung die Macht. Sie ernannte seinen Sohn Mahamat Déby zum Übergangspräsidenten – unter Verletzung der Verfassung. Schon damals habe weder der Westen noch die Afrikanische Union laut Kritik daran geäußert, schildert Experte Hainzl.
Potenzieller Freund im Kreml
Jetzt festigt Déby junior mit seinem Sieg bei der Präsidentenwahl seine Macht. „Und Frankreich hat sich damit sein letztes Bollwerk in der Region gesichert“, sagt Hainzl. Déby steht weiter zu den Verbündeten in Paris. Zugleich sendet er aber Signale aus, dass es auch einen potenziellen Freund im Kreml gebe. „Er ist damit in einer komfortablen Situation.“