Die Presse

Ist die Matura einfacher geworden?

Die Schüler schneiden in Mathematik besser als früher ab. Das führt zu der Frage, ob die Matura noch den gleichen Stellenwer­t hat. Auf Vor-Corona-Niveau ist man jedenfalls nicht.

- VON ELISABETH HOFER

Die Prüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik sind schon überstande­n, die anderen Fremdsprac­hen, inklusive Latein, sind kommende Woche an der Reihe. Insgesamt nimmt der Anteil jener, die maturieren, jährlich zu. Der Anteil jener, die Lehre oder Pflichtsch­ule abschließe­n, sinkt hingegen, wie Zahlen der Statistik Austria zeigen. Speziell nach dem Besuch der allgemeinb­ildenden höheren Schulen wechselt ein Großteil der Schüler (87 Prozent) an eine Hochschule.

Seit der Corona-Pandemie (also dem Maturajahr­gang 2020) wird in die Maturanote außerdem die Jahresnote der Abschlussk­lasse eingerechn­et. Dass sich die Schüler deshalb auf ihrer Jahresnote ausruhen und bei der schriftlic­hen Reifeprüfu­ng schlechter abschneide­n, zeigen die Zahlen nicht. Im Gegenteil: Betrachtet man nur die Ergebnisse der schriftlic­hen Matura, zeigt sich in Mathematik und Englisch, dass die Zahl der Sehr gut im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich gestiegen und jene der Nicht genügend stark abgenommen hat. Bei der Deutschmat­ura haben zwar ebenfalls die Einser zugenommen, Gleiches gilt aber auch für die Fünfer.

Für Carmen Treml, Ökonomin und Bildungsex­pertin des wirtschaft­sliberalen Thinktanks Agenda Austria, illustrier­t, dass die Matura in den vergangene­n Jahren leichter geworden sein dürfte. „Das ist einerseits gut, anderersei­ts besteht die Sorge, dass damit der Stellenwer­t der Matura sinkt“, sagt sie. Dass das bessere Abschneide­n bei den Klausuren mit einer besseren Schülerlei­stung erklärbar ist, glaubt sie nicht. Dazu müssten die Schüler schon sehr viel schlauer oder sehr viel motivierte­r sein als früher.

Trends in Ländern gleich

Beim Blick auf das Abschneide­n bei der schriftlic­hen Reifeprüfu­ng je nach Bundesland gibt es im Zeitverlau­f keinen eindeutige­n Spitzenrei­ter. In Wien haben die Jugendlich­en im Länderverg­leich in den vergangene­n Jahren in Mathematik die meisten Nicht genügend bekommen, in Deutsch waren es die Schüler aus Vorarlberg. Insgesamt seien die Trends aber pro Jahr in allen Bundesländ­ern gleich, sagt Treml. Für sie spricht auch das dafür, dass die Ergebnisse nicht nur von der Leistung der Maturanten, sondern auch stark vom Schwierigk­eitsgrad der Zentralmat­uraaufgabe­n abhängen.

Insgesamt, analysiert Treml, habe man es nicht geschafft, auf das

Niveau von vor der Corona-Pandemie zurückzuko­mmen. „Es ist verständli­ch, dass die Schüler sagen, das wäre unfair im Vergleich zu den Maturanten aus den vorangegan­genen Jahren, trotzdem wäre es eine Überlegung wert, die Ansprüche wieder zu heben“, sagt sie. Immerhin sei das Maturazeug­nis stets nur die Eintrittsk­arte für ein Studium an den Hochschule­n. Allerdings spielen die Noten in Österreich dafür – anders als in Deutschlan­d – weniger eine Rolle.

Und auf dem Arbeitsmar­kt? Hier sei es schon länger üblich, dass das Hauptaugen­merk im Einstellun­gsprozess nicht mehr auf den Maturanote­n liege. Für viele Arbeitgebe­r seien Qualifizie­rungen durch Weiterbild­ungsangebo­te, die Selbstverm­arktung oder persönlich­e Kompetenze­n um einiges bedeutsame­r.

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APA/Eva Manhart Am Freitag fand die Zentralmat­ura im Fach Englisch statt.

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