Ist die Matura einfacher geworden?
Die Schüler schneiden in Mathematik besser als früher ab. Das führt zu der Frage, ob die Matura noch den gleichen Stellenwert hat. Auf Vor-Corona-Niveau ist man jedenfalls nicht.
Die Prüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik sind schon überstanden, die anderen Fremdsprachen, inklusive Latein, sind kommende Woche an der Reihe. Insgesamt nimmt der Anteil jener, die maturieren, jährlich zu. Der Anteil jener, die Lehre oder Pflichtschule abschließen, sinkt hingegen, wie Zahlen der Statistik Austria zeigen. Speziell nach dem Besuch der allgemeinbildenden höheren Schulen wechselt ein Großteil der Schüler (87 Prozent) an eine Hochschule.
Seit der Corona-Pandemie (also dem Maturajahrgang 2020) wird in die Maturanote außerdem die Jahresnote der Abschlussklasse eingerechnet. Dass sich die Schüler deshalb auf ihrer Jahresnote ausruhen und bei der schriftlichen Reifeprüfung schlechter abschneiden, zeigen die Zahlen nicht. Im Gegenteil: Betrachtet man nur die Ergebnisse der schriftlichen Matura, zeigt sich in Mathematik und Englisch, dass die Zahl der Sehr gut im Vergleich zum Jahr 2019 deutlich gestiegen und jene der Nicht genügend stark abgenommen hat. Bei der Deutschmatura haben zwar ebenfalls die Einser zugenommen, Gleiches gilt aber auch für die Fünfer.
Für Carmen Treml, Ökonomin und Bildungsexpertin des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, illustriert, dass die Matura in den vergangenen Jahren leichter geworden sein dürfte. „Das ist einerseits gut, andererseits besteht die Sorge, dass damit der Stellenwert der Matura sinkt“, sagt sie. Dass das bessere Abschneiden bei den Klausuren mit einer besseren Schülerleistung erklärbar ist, glaubt sie nicht. Dazu müssten die Schüler schon sehr viel schlauer oder sehr viel motivierter sein als früher.
Trends in Ländern gleich
Beim Blick auf das Abschneiden bei der schriftlichen Reifeprüfung je nach Bundesland gibt es im Zeitverlauf keinen eindeutigen Spitzenreiter. In Wien haben die Jugendlichen im Ländervergleich in den vergangenen Jahren in Mathematik die meisten Nicht genügend bekommen, in Deutsch waren es die Schüler aus Vorarlberg. Insgesamt seien die Trends aber pro Jahr in allen Bundesländern gleich, sagt Treml. Für sie spricht auch das dafür, dass die Ergebnisse nicht nur von der Leistung der Maturanten, sondern auch stark vom Schwierigkeitsgrad der Zentralmaturaaufgaben abhängen.
Insgesamt, analysiert Treml, habe man es nicht geschafft, auf das
Niveau von vor der Corona-Pandemie zurückzukommen. „Es ist verständlich, dass die Schüler sagen, das wäre unfair im Vergleich zu den Maturanten aus den vorangegangenen Jahren, trotzdem wäre es eine Überlegung wert, die Ansprüche wieder zu heben“, sagt sie. Immerhin sei das Maturazeugnis stets nur die Eintrittskarte für ein Studium an den Hochschulen. Allerdings spielen die Noten in Österreich dafür – anders als in Deutschland – weniger eine Rolle.
Und auf dem Arbeitsmarkt? Hier sei es schon länger üblich, dass das Hauptaugenmerk im Einstellungsprozess nicht mehr auf den Maturanoten liege. Für viele Arbeitgeber seien Qualifizierungen durch Weiterbildungsangebote, die Selbstvermarktung oder persönliche Kompetenzen um einiges bedeutsamer.