Fisker: In Schönheit sterben
Zum zweiten Mal scheitert der dänische Designer Henrik Fisker mit seinen Plänen für elektrische Autos.
Es ist ein recht anschaulicher Vergleich, um eine Vorstellung zu bekommen, wie schlecht es um den Autobauer Fisker steht: 2021 kaufte Henrik Fisker eine 1100 Quadratmeter große Villa mit sechs Schlafzimmern, einer Sauna, einem Fitnesscenter und einem Pool in den Hügeln von Hollywood (Kalifornien). Da sah die Zukunft seines Unternehmens, das mit mehreren Milliarden Dollar bewertet war, noch rosig aus. Jetzt verkauft Fisker diese Villa um 35 Millionen Dollar – um deutlich mehr, als seine E-Auto-Firma Fisker Inc. noch wert ist (Marktwert am Freitag: 21,7 Mio. Dollar).
Das Ende des einst so vielversprechenden US-Unternehmens scheint nah. In Österreich hat die Tochter mit Verbindlichkeiten von 1,34 Milliarden Euro bereits Insolvenz angemeldet und damit das steirisch-kanadische Unternehmen Magna schwer getroffen, wo Fisker seine E-Autos bauen ließ. Etwa 90 Millionen Euro müssen die Grazer schlucken (bei Gesamtkosten für Magna von 335 Mio. Euro) und fast 1000 Mitarbeiter entlassen.
Aktie im Cent-Bereich
Auch in den USA wird eine Insolvenz immer wahrscheinlicher, Gespräche mit einem etablierten Autobauer sind angeblich gescheitert. An der NYSE hat man den Handel mit FiskerAktien ausgesetzt, weil der Preis so tief gefallen ist (am Freitag notierte eine Aktie bei vier US-Cent).
Zum zweiten Mal innerhalb von 17 Jahren scheitert Henrik Fisker mit seinen Autoplänen. Seine ersten Fahrzeuge galten als ernsthafte Konkurrenten für die E-Autos von Tesla, sein jüngstes Modell überzeugte zumindest mit den Spezifikationen.
Dass er mit seinem aktuellen EProjekt gescheitert ist, dafür gibt es drei wesentliche Gründe: SoftwareProbleme
bei den ersten Modellen, Schwierigkeiten bei der Auslieferung und ein zu kleines Händlernetz.
Schon 2007 baute der dänische Designer Fisker (der Aston Martin DB9 und der BMW Z8 stammen beispielsweise aus seiner Feder) gemeinsam mit Investoren ein Plug-inHybrid-Auto, den Fisker Karma, der von zwei Elektromotoren angetrieben wurde. Rein elektrisch schaffte das Auto etwa 80 Kilometer, ein kleiner Verbrennungsmotor fungierte als Generator und lieferte genug Strom für 400 Kilometer. Einer der Käufer: Leonardo DiCaprio. Der US-Schauspieler war so begeistert, dass er selbst Geld in die Firma steckte.
Zeitgleich entwickelte Tesla sein erstes E-Auto (Roadster), von dem weltweit weniger als 2500 Stück verkauft wurden. Doch Elon Musk rettete als Investor das Unternehmen und machte Tesla mit viel Geld zu dem, was es heute ist.
Als Tesla 2012 sein überzeugendes E-Auto Model S präsentierte, ging es mit Fisker Automotive schon bergab, ein Jahr später war die Firma pleite. Bei einer Auktion des Firmenvermögens
im Februar 2014 ersteigerte Henrik Fisker die Rechte für den Namen und das Logo.
Zwei Jahre später gründete er damit Fisker Inc. und versprach unter anderem ein Auto, das etwa mit einer revolutionären Festkörperbatterie ausgestattet sein sollte. Geworden ist daraus der Fisker Ocean, ein vollelektrisches SUV (ohne Festkörperbatterie), optisch ansprechend, raffiniert ausgestattet und mit einer beeindruckenden Reichweite von 700 Kilometern.
Ende 2022 startete die Produktion bei Magna in Graz, 43.000 Fahrzeuge sollten im Jahr 2023 gebaut werden. Geworden sind es am Ende aufgrund von Liquiditätsengpässen lediglich 10.000.
Und hier begann der Teufelskreis. Weil das Unternehmen dringend Geld benötigte, brachte man Autos auf den Markt, deren Software schlicht nicht ausgereift war. Die Folge: Die Berichte über Probleme in Fachzeitschriften und im Internet häuften sich. Mehrere Autos schalteten sich während der Fahrt plötzlich aus, bei einem verweigerte das Gaspedal seinen Dienst, andere hatten Probleme mit der Feststellbremse, und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis das System nach dem Start hochgefahren war.
Henrik Fisker selbst, der seine Ehefrau, Geeta, als Finanzchefin eingesetzt hatte, beschäftigte sich indes mit neuen, künftigen Fahrzeugen und entwarf beispielsweise einen vollelektrischen Pick-up (Kayak) und einen viertürigen – tatsächlich sehr schönen – Cabrio-Sportwagen (Ronin).
Mit dem Software-Update 2.0 waren die meisten Fehler behoben, der Ocean schlug sich im „Presse“Fahrtest im heurigen Frühjahr sehr gut. Aber der Ruf war ruiniert. Außerdem war es für Fisker schwierig, ein Händlernetz aufzubauen und die Standorte entsprechend schnell und effizient mit Autos zu beliefern. Und als wäre all das noch nicht genug, stiegen auch noch die Zinsen, und die Liebe der Kunden zu den E-Autos ließ deutlich nach. Selbst Marktführer Tesla spürt aktuell die mangelnde Nachfrage und reagiert mit Preisnachlässen.
Keinen Partner gefunden
Ende 2023 suchte das junge Start-up nach „strategischen Partnern“. Mit fünf Autobauern führe man Gespräche, erklärte Henrik Fisker. Sie führten zu nichts. Als Magna im Dezember 2023 ein Werk auf Einschichtbetrieb zurückfuhr (ohne öffentlich Fisker zu nennen), konnte man ahnen, wie es um den Autohersteller steht. Und als Magna im April 500 Stellen abbaute, wusste man es.
Fisker Austria erklärte in einer Stellungnahme, man werde im Zuge des Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung weiterhin Fahrzeuge verkaufen und warten. Mehr wollte man nicht sagen. Wie es mit Fisker Inc. in den USA weitergeht, wird man bis Ende Mai wissen.
Das Interesse am Haus von Henrik Fisker soll übrigens groß sein.